Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Die Affäre Zumwinkel / Liechtenstein:
Ein Akt grenzüberschreitender Steuerfahndung und sein national-moralischer Ertrag

Der Chef der Post AG erhält Besuch von der Steuerfahndung. Er hat Steuern hinterzogen. Das ist normal: Der Staat treibt Geld ein, geht bei seinen Millionären recht rücksichtsvoll vor und eröffnet ihnen zahlreiche Möglichkeiten der „legalen Steuerverkürzung“; die bedanken sich bei ihm, indem sie noch einige illegale hinzufügen. Diesmal geht es um Zinseinkünfte aus Stiftungen in Liechtenstein, die Zumwinkel und mehrere hundert Reiche nicht versteuert haben. Ebenfalls normal: Der Fiskus fahndet nach Steuerhinterziehern und kommt so manchem auf die Schliche. Nicht ganz so normal ist dagegen, wie Politiker und Medien zwei Wochen das Thema hochkochen.

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Die Affäre Zumwinkel/Liechtenstein:
Ein Akt grenzüberschreitender Steuerfahndung und sein national-moralischer Ertrag

Der Chef der Post AG erhält Besuch von der Steuerfahndung. Er hat Steuern hinterzogen. Das ist normal: Der Staat treibt Geld ein, geht bei seinen Millionären recht rücksichtsvoll vor und eröffnet ihnen zahlreiche Möglichkeiten der „legalen Steuerverkürzung“; die bedanken sich bei ihm, indem sie noch einige illegale hinzufügen. Diesmal geht es um Zinseinkünfte aus Stiftungen in Liechtenstein, die Zumwinkel und mehrere hundert Reiche nicht versteuert haben. Ebenfalls normal: Der Fiskus fahndet nach Steuerhinterziehern und kommt so manchem auf die Schliche. Nicht ganz so normal ist dagegen, wie Politiker und Medien zwei Wochen das Thema hochkochen. Das ZDF überträgt live die Verhaftung des Post-Chefs. Die Kanzlerin meldet sich höchstpersönlich und gibt die Tonlage vor: Sie ist überrascht und empört und verspricht, sich die Wirtschaftsspitzen „in Einzelgesprächen“ persönlich zur Brust zu nehmen. Die „Bildzeitung“ hetzt gegen die fiesen Tricks der Millionäre. Und der BDI-Vorsitzende Thumann droht öffentlich mit Ächtung seiner Standesbrüder: Ein krimineller Gesetzesbrecher verdient nicht die Unterstützung seiner Kollegen, sondern der gehört nicht mehr dazu.

Die Empörung über die „Gier der Reichen“ ist genau am Siedepunkt, als der oberste Verwalter der „Steuerfluchtburg“, der liechtensteinische Ministerpräsident, zum Staatsbesuch nach Berlin kommt. Die Regierung verheimlicht nicht, dass die von ihr mitbetriebene Diskussion um Steuerhinterziehung hilfreich ist bei dem praktischen politischen Anliegen, mit dem sie den Staatsgast konfrontiert: Bei der Verfolgung ihrer Steuersünder will sie es nämlich nicht belassen, sondern sie eröffnet in diesem Fall höchstoffiziell einen

„Kampf gegen Steueroasen“

Einige Kleinstaaten, aber auch große, die Sonderzonen von ihrem Territorium abspalten, sind Spezialisten für die Attraktion von auswärtigem Finanzkapital. Sie kassieren von auswärtigen Geschäftsleuten, die sich formell bei ihnen niederlassen, weniger Steuern als deren Heimatländer und werden so zu Standorten von „Briefkastenfirmen“: Betriebe verlagern Teile ihrer Geldgeschäfte und Erlöse in Niedrigsteuerzonen. Und mit einem wasserdichten Bankgeheimnis wird dafür gesorgt, dass Geschäftsleute auch ihr Privatvermögen dem Zugriff des heimischen Fiskus entziehen können. Mit solchen und ähnlichen Anlagevorteilen ist der Elf-Dörfer-Staat Liechtenstein zur Heimat einiger Großbanken und zum mittleren Finanzplatz aufgestiegen. Solch ein „Exoten-Staat“ kalkuliert also ökonomisch genauso wie große Wirtschaftsnationen vom Schlage Deutschland: Auch er betreibt Standortpolitik und lebt vom globalen Kapitalismus, von der Freiheit des Kapitalverkehrs, den die großen Weltmarktsmächte, allen voran die USA, für ihr Kapitalwachstum für nützlich erachtet und durchgesetzt haben.

Allerdings wollen die Länder mit den noch viel größeren Finanzplätzen sich mittlerweile dieses Gebaren der Kleinstaaten nicht mehr gefallen lassen. Gegen ihresgleichen kennen und praktizieren sie zwar durchaus selber solche Methoden der Standortpolitik und konkurrieren mit Steuervorteilen. „Steueroasen“ aber müssen ausgetrocknet werden. Damit ihre Steuerzahler nicht dahin flüchten, verlangen die führenden Wirtschaftsnationen von den kleinen Steuerharmonisierung und vor allem mehr Transparenz, d. h. die Aufgabe ihres Konkurrenzmittels; schließlich steht und fällt die Attraktivität solcher Finanzplätze für auswärtige Geldanleger mit ihrer Sonderstellung beim Bankgeheimnis und ihrer niedrigen Besteuerung.

In Verfolgung dieses Interesses hat allen voran Deutschland in der EU eine „Quellensteuer“ auf Kapitalerträge und – bis auf wenige Ausnahmen – eine Pflicht für Banken durchgesetzt, „Kontrollmitteilungen“ über Zinseinkünfte ihrer ausländischen Kunden an deren Heimatfinanzämter zu versenden. Die Schweiz und Liechtenstein, als Wirtschaftsstandorte auf den Zugang zum EU-Binnenmarkt angewiesen, haben daher Abstriche von ihrem Interesse als Finanzstandort zugestanden: Sie besteuern Zinseinkünfte sogenannter „Nichtgebietsansässiger“ anonym, leiten sie an die Finanzbehörden der Herkunftsländer weiter und leisten Rechtshilfe bei Steuerbetrug, nicht aber bei einfacher Steuerhinterziehung wie im Fall Zumwinkel.

Damit ist Deutschland längst nicht zufrieden. Die Regierung dringt schon länger auf generelle Rechtshilfe in Steuerfragen. Jetzt nutzt sie die, mit einer nicht gerade gängigen Informationsbeschaffung eröffnete aktuelle Steuersünder-Affäre zielstrebig dazu, in diesem Sinne auf das ‚Steuerschlupfloch‘ Liechtenstein loszugehen. Deutsche Politiker kreiden unisono die Steuervergehen der heimischen Bürger dem auswärtigen Staat als sein Vergehen an. Der Staatsgast aus Liechtenstein wird offiziell mit dem Vorwurf der Komplizenschaft konfrontiert, und Berlin dringt in aller diplomatischen Form auf Korrekturen: Liechtensteins Behörden sind, laut Regierungspapier, nahe an der Beihilfe zur Steuerhinterziehung, das entscheidende Verschleierungsmoment sind Treuhandverträge mit Banken und Vermögensverwaltern. Politiker, die nicht der Regierung angehören, werden noch gröber: Liechtenstein ist eine Räuberhöhle (Fritz Kuhn) und betreibt organisierte Kriminalität (Kurt Beck). Nach diesem freundlichen Vorlauf erscheint es glatt als Mäßigung, dass die Kanzlerin kein Ultimatum stellt und öffentlich verspricht: Sie werde diplomatisch im Ton, aber hart in der Sache verhandeln. Dass Liechtenstein sich auf sein Recht beruft, wenn es Bankauskünfte mit dem Hinweis auf die „Unverletzlichkeit der Privatsphäre“ ablehnt, ist der Regierung herzlich schnuppe. Die EU-Vormacht pocht gegenüber dem Kleinstaat auf ihr Interesse und fordert es als gutes Recht ein. Falls das Fürstentum keine Rechtshilfe im verlangten Umfang gewährt, also sich weigert, als verlängerter Arm der deutschen Finanzbehörden zu agieren, droht Deutschland mit der Verzögerung des Beitritts zum Schengen-Raum und weiteren Schäden fürs Fürstentum.

Einen Schaden hat der Zwergstaat bereits. Die Steueraffäre hat seine Rolle als vor auswärtigen Staatszugriffen sicherer Bankenplatz ramponiert. Seither machen Anleger „vorsichtshalber“ einen Bogen um Liechtenstein.

Die groß inszenierte Steueraffäre ist allerdings noch für etwas anderes gut. Politik und Öffentlichkeit eröffnen anlässlich der Aufdeckung der kollektiven Steuervergehen deutscher Großverdiener

eine Kampagne in Sachen Staatsbürgermoral

Innenpolitisch sollen die öffentliche Verhaftung Zumwinkels und die offizielle Verurteilung der prominenten Liechtensteiner Stiftungsgründer einerseits abschreckend wirken. Wer Steuern hinterzieht – so die Botschaft der Steuerbehörden – muss sich auch als Prominenter und Wirtschaftsgröße darüber im Klaren sein, dass er damit ein wenig mehr riskiert als eine Nachzahlung inklusive Geldbuße, nämlich seine öffentliche Stellung. Andererseits ist der Vorfall für die Meinungsmacher der Nation ein gefundenes Fressen, um nach der Debatte über zu hohe Managergehälter ein weiteres Kapitel des Fortsetzungsromans: ‚Was ist soziale Gerechtigkeit?‘ unters Volk zu bringen. Das nämlich hungert mehr denn je nach Gerechtigkeit, wie der „Spiegel“ meint:

„Der Steuerskandal kommt in einem Moment ans Licht, da in Deutschland die Frage der Gerechtigkeit heftig diskutiert wird. Das untere Drittel der Gesellschaft muss mit den Folgen von Globalisierung und schärferen Sozialgesetzen kämpfen. Die Schicht ganz oben, da, wo beim Kaffee die Sahne ist, macht mehr durch Maßlosigkeit von sich reden.“

Die Regierung wiederum will die Behandlung dieses wichtigen nationalen Themas, das Bürger bekanntlich besonders aufregt, keinesfalls der Öffentlichkeit und schon gar nicht der politischen Konkurrenz überlassen. Sie fürchtet, dass von der absehbaren Aufregung der Bürger die Falschen profitieren könnten:

„Wenn jetzt von Hunderten von Verdachtsfällen die Rede ist, weiß man, dass dieses Verhalten linken und rechten Rattenfängern in die Hände spielt.“ (Struck)

Damit das Volk weiterhin denen der Mitte nachläuft und nicht wieder mit einer verkehrten Stimmabgabe wie bei der Hessen-Landtagswahl die Koalitionsarithmetik der Altparteien durcheinander bringt, warten die regierenden Politiker daher nicht ab, bis die Medien dem Volk den Fall erläutern, sondern starten selber eine Kampagne in Sachen Kritik. Die Regierung setzt sich an die Spitze des Volkszorns gegen die Millionäre, um ihn in die rechten Bahnen zu lenken.

Zuerst einmal lässt sie sich an Entrüstung von niemandem übertreffen und macht sich zum Wortführer der Empörung von unten, noch bevor die sich zu Wort meldet:

„Jenseits dessen, was ich mir vorstellen konnte.“ (Merkel) „Für diese Art von Raffgier habe ich null Verständnis.“ (Struck) „Wir müssen feststellen, dass einige, die ich die neuen Asozialen der Gesellschaft nennen möchte, sich offensichtlich auf Kosten der Gemeinschaft aus der Verantwortung Steuer zu zahlen, von Recht und Gesetz abgesetzt haben.“ (Heil) Ja, das ganze Gemeinwesen ist in Gefahr: „Die Eliten in Deutschland brächten mit einem Verhalten wie dem Zumwinkels das Gesellschaftssystem zum Einsturz.“ (Steinbrück)

Das Volksressentiment gegen die egoistischen Reichen bekommt also erst einmal gehörig recht, weil es das glatte Gegenteil eines umstürzlerischen Willens ist und von einem affirmativen Bewusstsein zeugt, wie es sich eine Regierung nicht schöner wünschen kann: Bürger, die es skandalös finden, dass andere Steuern hinterziehen, bekunden ja ihre Bereitschaft, Steuern zu zahlen. Wenn sich das „untere Drittel“ über die „Maßlosigkeit“ der Oberen beklagt, dann verspricht es zudem bescheiden zu bleiben; es akzeptiert nicht nur seine Rolle als „globalisierungs“gebeutelter Gehaltsempfänger und als Hartz-IV-Bezieher, sondern ist darauf auch noch stolz. Es lobt sich dafür, anders als die Reichen, „ehrlich“ geblieben zu sein und würde sich nur für „dumm verkauft“ vorkommen, wenn andere nicht auch Opfer bringen müssten. Von der Regierung verlangt so ein Volk daher nur eines: Sie soll ihre Macht „gerecht“ gebrauchen, also alle „ohne Ansehen der Person“ in die Pflicht nehmen, dann ist die Klassengesellschaft wieder in Ordnung.

Zweitens aber, so die Mahnung der Regierung, die den volkstümlichen Anklagen auf dem Fuße folgt, soll das Volk in seiner gerechten Empörung nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und die Wirtschaftskapitäne nicht allesamt als „raffgierige Lumpen“ verachten. Da gilt es zu unterscheiden. Die Kanzlerin erinnert in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft daran:

„Unser Land ist auf Unternehmerinnen und Unternehmer, auf Firmeninhaber und Manager angewiesen, die sich an Recht und Gesetz halten. Und die allermeisten tun dies auch.“

Dass Manager und Mittelständler Steuern hinterzogen haben, ist verwerflich. Wenn sie dagegen auf legalem Weg ihre Millionen vermehren, ist das kein Fall von „Raffgier“, sondern ein unverzichtbarer Dienst am Land. Wie die geschätzten Leistungen gesetzestreuer Unternehmer aussehen, illustriert die Presse an Postchef Zumwinkel: Der hat der Schneckenpost Beine gemacht. Er hat die lahmen Beamten auf Trab gebracht, indem er hart saniert und von 30 000 Filialen 14 000 geschlossen und seit der Postprivatisierung 140 000 Stellen gestrichen hat. Mit den Gewinnen hat er Firmen in aller Welt aufgekauft, mit denen er genauso umgesprungen ist. So hat er die Post zum größten Logistikunternehmen der Welt gemacht. Vorbildlich!

Nicht vorbildlich dagegen der Transfer seines Privatvermögens nach Liechtenstein und ein Aktiengeschäft aus dem Jahr 2007, mit dem er sich schon einmal auf anstößige Weise bereichert hat. Soweit, so klar: Wo die Zumwinkels als Manager agieren und ihre Belegschaften als Kostenfaktor systematisch durchmustern und rannehmen bzw. rauswerfen, da tun sie ihre nationale Pflicht und Schuldigkeit und verdienen jeden Respekt. Wo die Manager sich aber privat zu Lasten des Staatssäckels bereichern und gar kein lohnabhängigern Mensch geschädigt wird, da darf man als braver Steuer-Bürger wütend werden.

Nachdem die Macher der Kampagne geklärt haben, dass es an den Herren Unternehmern als tätigen Unternehmern nichts auszusetzen gibt, steht auch fest, dass es sich bei ihnen, wenn nicht im Einzelnen, so doch insgesamt und im Prinzip nur um Mitglieder eines wertvollen Standes handeln kann. Zumwinkel und Co. sind schließlich erstens die nationalen Leistungsträger, mit ihrem globalen Engagement bringen sie und nicht die zahllosen „Wasserträger“das Vaterland voran. Deswegen verdienen sie, was sie verdienen; so viel zur Debatte von neulich über zu hohe Gehälter für Manager. Diese Leute sind als solche zweitens die Elite der Nation, also persönlich ausgezeichnet als Mitglieder ihres Standes. Sie geben die Kommandos, entscheiden über Einkommen und Lebensverhältnisse der Massen, weil sie die Besten sind und die anderen nur Durchschnitt. Zumwinkel z.B. ist spitze, was man schon daran sieht, dass die anderen Spitzen ihn spitze finden: Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes, Träger vom Denkerpreis des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft, Manager des Jahres, also doch wohl auch ein Mann, der für Werte wie Aufrichtigkeit, Solidität und Bescheidenheit stand. („Der Spiegel“, Nr.8) Wenn drittens ein Mitglied der Elite sich unanständig bereichert, ist das also umso schlimmer, weil es sich an der Vorbildrolle (Glos) vergeht, die Managern zukommt. Der gefallene Sünder unterstreicht doch wohl die Verehrungswürdigkeit des Standes.

Mit dieser dialektischen Eloge auf die Funktionäre des Kapitals ist die Sache für die Öffentlichkeit allerdings noch nicht ganz erledigt. Profis im öffentlichen Moralisieren denken weiter. Die Trennung zwischen dem ehrenwerten Managerstand und seinen – nicht gerade vereinzelten – Mitgliedern, die sich als vaterlandslose Raffkes erwiesen haben, kann nicht das letzte Wort sein. Die vielen unwürdigen ‚Ausnahmen‘ färben ja doch, da machen sich in Sachen Managerschelte empfindliche öffentliche Gemüter nichts vor, auf die untadelige Regel ab. Daher darf auch an Zumwinkel und Konsorten nicht allzu viel hängen bleiben. Wenn schon kein Freispruch, so ist doch Verständnis mit den abgestürzten Helden am Platz: Das bestehende System zwingt alle Bürger dazu, mit viel Energie alle Möglichkeiten zum legalen Steuersparen auszunützen. Und die Vorzugsbürger schon gleich: Wer so viel Aufwand betreiben muss, vom eigenen Staat nicht völlig geschröpft zu werden, kommt schnell auf den Gedanken: Dann spare ich mir das Steuerzahlen doch ganz.“ (Bild, 17.2.) So kann man die Gelegenheiten, die das Steuerrecht den Besserverdienenden bietet, natürlich auch sehen: als kraftraubende Hindernisse, die es verständlich machen, wenn so geplagten braven Bürgern die Lust am Steuerzahlen vergeht. Mancher hat halt mehr, mancher weniger Steuerpflichten, die sich umgehen lassen. Moralisch macht das keinen Unterschied: Schwarze Schafe gibt es überall. Sind wir nicht alle kleine Zumwinkels und haben den Staat auch schon mal betrogen? Und überhaupt, wer zahlt eigentlich die Steuern?: Nach wie vor gilt, dass die oberen 10 Prozent der Einkommensbezieher mehr als die Hälfte des Einkommensteueraufkommens zahlen, während die untere Hälfte nicht einmal einen Anteil von zehn Prozent bestreitet. (FAZ, 20.2.) Den größten Diener am Gemeinwesen erkennt man immer noch an der Höhe des Einkommens.

Der FAZ fällt dazu noch etwas ein. Sie problematisiert die Rolle des Vorbilds in der bürgerlichen Gesellschaft, weil sie es nicht aushält, dass das Management nicht mit der Hochachtung bedacht wird, die ihm nach FAZ-Meinung unbedingt zusteht. Wird von den nationalen Leistungsträgern, die doch als Wirtschaftsbosse ihre Leistung bringen, nicht zu viel verlangt, wenn sie auch noch eine Vorbildrolle übernehmen und sich an ihr gar blamieren lassen sollen? Wer hat eigentlich jemals behauptet, dass Wirtschaftsführer Vorbilder seien. Fragt man Jugendliche, wem sie nacheifern, nennen sie Sportler, Sänger oder Filmschauspieler ... Als ob die soziale Marktwirtschaft davon lebt, dass die moralisch Besten an der Spitze sind. Erfolgreiche Unternehmer braucht das Land. (FAS, 2.3.) Keine Kapitalistenverherrlichung an falschen Maßstäben, bitteschön! Das führt nur zu unsachgemäßen Urteilen. Wenn diese Leute ihr Geschäft der Geldvermehrung gut erledigen, dann ist das der beste Dienst am Land und erledigt jede Kritik!