„Frieden für Darfur“
Ein Nebenkriegsschauplatz der amerikanischen Weltordnung

Wenn sich der amerikanische Präsident brüstet: „We are the world‘s largest donor to the people of Sudan, to the people of Darfur“ (Bush), dann ist dies eine Kampfansage. Ein Geheimnis ist es nicht, dass sich mit der Ernährung eines verhungernden Volks eine Regierung entweder stützen – so das Numeiri-Regime zur Zeit der großen Dürre in den 80er Jahren – oder stürzen lässt – dies eher die gegen Baschir gerichtete Intention heutzutage. Mit den Hilfsgeldern kommen die Geschwader der reichen Geberländer, Myriaden von NGOs ins Land, deren gute Werke sofort weitere Konsequenzen nach sich ziehen: die Regierung soll die Hilfskonvois und die sie begleitenden Schutztruppen, ohne die es in Krisengebieten nicht geht, ins umkämpfte Gebiet lassen und die eigenen Truppen abziehen.

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„Frieden für Darfur“
Ein Nebenkriegsschauplatz der amerikanischen Weltordnung

Darfur – bei der Beurteilung dieses Falls hat die ideologische Botschaft durchgeschlagen: Darfur, das ist die große menschenrechtliche Katastrophe der Neuzeit, ein Massenschlachten durch die Dschandschawid und deren Strippenzieher aus Khartum – unerträglich und wegschauen völlig unmöglich!

„Die Welt hat eine Verantwortung für diesen Völkermord und dafür, jene zur Rechenschaft zu ziehen, die die Gewalt aufrechterhalten. Und Amerika hat die Führung übernommen.“ [1])

Das Gewissen der Welt schläft also nicht. Und womit bekommt es das Gute in seinem Drang, auch in der hinterletzten Weltecke Ordnung zu schaffen, zu tun? Für die Beantwortung dieser Frage sind Spezialisten der Hintergrund-Berichterstattung zuständig, die sich ihrer unter dem Gesichtspunkt annehmen, dass das Böse den Braven viele Schwierigkeiten machen kann. Sie erhellen die komplexe Beschaffenheit des undurchdringlichen Katastrophen-Dickichts durch ihre Warnungen, es sich bei der Definition von Gut und Böse keinesfalls zu leicht zu machen.[2] Die seien bei soviel Blutvergießen nicht so ohne weiteres auseinanderzuhalten,[3] und überhaupt hätten hier noch ganz andere Kräfte ihre schmutzigen Hände im Spiel. Im Angebot sind, kumulativ: die Natur, die in Gestalt des Klimawandels für Desertifizierung sorgt und Nomaden und Bauern unversöhnlich gegeneinander aufstellt; die Geschichte, die es mit diesem wüsten Landstrich in Gestalt des Kolonialismus nicht allzu gut gemeint und zu seiner ‚Marginalisierung‘ geführt hat; die menschliche Natur, die dort noch ziemlich stammesmäßig verfasst und daher seit je schon zu kleineren oder größeren Überfällen aufgelegt ist; aber auch politische Ursachen, die in Form der ‚Einmischungsgelüste‘ ausländischer Staaten, vor allem der grässlichen Nachbarn, ‚Repression‘ und anderes Unheil in Darfur anrichten; nicht zu vergessen die Tragik in Gestalt ausländischer NGOs, die mit ihren schlecht durchdachten Hilfsaktionen das Gegenteil ihrer gut gemeinten Vorhaben bewirken.[4] Am Schluss ist ein ganzer Teufelskreis der Verstrickung beieinander, der alle in seinen kriegerischen Bann reißt – so dass bei der Urteilsfindung in einer derart komplizierten und multifaktoriellen Gemengelage äußerste Vorsicht und höchste Zurückhaltung geboten sind: Der gegenwärtige Konflikt in Darfur ... ist weitaus blutiger, ... der alte Gegensatz zwischen Nomaden und Sesshaften spielte vielleicht zu Beginn eine Rolle ... religiöse Differenzen zwischen Muslimen und Christen scheiden als Ursache für die Massaker zunächst einmal aus. ‚Araber‘ gegen ‚Schwarze‘ – so lautet vereinfacht eine andere Gleichung. (FAZ, 10.7.) Einigermaßen verwirrend, diese Aufklärung! Wenn das alles keine oder eine nur äußerst bedingte – wodurch eigentlich? – Rolle spielt, wonach soll man dann bitteschön suchen?

Warum denn in die Wüste schweifen, wo das Gute liegt so nah! Vielleicht sollte man der Neugier mal lieber in heimatlichen Gefilden freien Lauf lassen, wo sich Wesentlicheres für diesen Konflikt zu Tage fördern lässt als im „Lande des Mahdi“.

1. Was wollen die USA im, vom und mit dem Sudan? Ihm muss geholfen werden – zu einer Ordnung, die alle anti-amerikanischen Störfelder ausschaltet

Der Präsident der Vereinigten Staaten – ohne gründliches Quellenstudium, dafür hat er ja seine Thinktanks – ist kein bisschen verwirrt und weiß, was hier zu tun ist. Mit seiner Entscheidung, in den kriegerischen Aktionen der sudanesischen Regierung in Darfur einen Fall von Völkermord zu sehen, sind die Würfel gefallen und Amerika muss helfen. Denn das ist es, was es will, hingucken und helfen:

„Die Welt kann nicht das Leid von mehr als einer Million Menschen ignorieren. Die USA werden weiterhin dabei helfen, das Leid zu lindern, indem wir fordern, dass die Janjaweed entwaffnet werden und dass die Regierung, die Janjaweed und die Darfur-Rebellen die Gewalt beenden.“ (Erklärung des Präsidenten zur Gewalt in Darfur – state.gov, 9.9.04)

Es springt dem sudanesischen Volk bei, indem es seiner Herrschaft das Kriegführen untersagt. Was die USA an der Baschir-Regierung stört – es soll ja schon Staaten gegeben haben, denen das Kriegführen nachgesehen oder sogar ausdrücklich gestattet wurde – ist, dass sie tut, was sie nicht darf. Sie führt einen verbotenen Krieg, ist auf die schiefe Bahn des Terrorismus geraten und hat Osama Quartier geboten, will einen islami(sti)schen Staat aufbauen und die Nachbarn anti-amerikanisch missionieren, ist mit Libyen und Iran verbündet und stellt sich im 1. Golfkrieg an die Seite des Irak: also eine Herrschaft der schlimmsten Sorte, die sich nicht an die von Amerika erlassenen Regeln des Umgangs mit ihren Untertanen und der Staatengemeinschaft hält – und daher als Störfall der amerikanischen Ordnung definiert und behandelt wird. Damit auch im Sudan das 21. Jahrhundert anbricht, arbeitet Amerika auf die Beseitigung Baschirs hin, auf ein Zeitalter des Friedens, das die leidenden Menschen endlich von einer großen Seele geschenkt bekommen wollen:

„Die Vereinigten Staaten stehen jetzt und in Zukunft an vorderster Front bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe für die leidenden Menschen in Darfur ... Konflikte und Chaos der Art, wie wir sie im Sudan sehen, berauben die Afrikaner der Zukunft, die sie anstreben, und der Zukunft, die sie verdienen. Das Ziel eines in Frieden lebenden Afrika ist nicht unerreichbar. Es ist erreichbar, wenn wir darauf hinarbeiten.“ (Powell, Die Lage in Darfur, Amerikadienst, 26.7.04)

Die amerikanische Aktion, die als „bloße“ Hilfe zur Abwendung einer ‚menschlichen Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes‘ vorgestellt wird, duldet keinen Einspruch:

„Das US-Interesse an Darfur besteht allein in der friedlichen Beendigung der Krise ... Unsere Interessen an Darfur sind rein humanitärer Art, hinter unserer Politik stehen keine ökonomischen oder militärischen Interessen.“ [5]

Diese negative Bestimmung des Zwecks der amerikanischen Intervention, die nicht zu überhörende Anklage gegen weniger edel verfasste, ökonomisch und militärisch interessierte Staaten spricht denn doch schon beinahe so etwas wie Klartext, was Amerika mit seiner Darfur-Hilfe will. Des Völkermords beschuldigt ist nicht nur das Regime in Khartum. Beihilfe leisten dessen staatliche Unterstützer – mit den nicht genannten sind vor allem China und Russland gemeint –, die ihm wegen unappetitlichem Ölhunger und/oder aus Gründen der eigenen – angesichts so einer Katastrophe völlig perversen und daher verbotenen – Stärkung die Mittel für die Schlächterei liefern. In die Fänge solcher Mächte zu geraten, diese Zukunft hat das Land nicht verdient! Also verhilft ihm Amerika dazu, sich aus dem von den Unterstützerstaaten des Sudan mitverschuldeten Chaos zu befreien und sich auf eine menschenfreundlichere Macht auszurichten, auf eine Führung, die wirklich nur an Ordnungsstiftung interessiert ist. Die Weltmacht knöpft sich den Sudan vor, „das größte Land in Afrika“, 250 Mio. Hektar, 30 Millionen Insassen, zentral gelegen und mit 9 Nachbarn, und erklärt die Gefahren, die von seiner „Instabilität“ auf die umliegenden Staaten ausstrahlen (können), zum Grund, ihn nicht verkommen lassen zu dürfen und selbst hilfreich und gründlich durchgreifen zu müssen:

Es steht viel auf dem Spiel für die Sudanesen und die Welt. Der Sudan liegt im Herzen des Horns von Afrika, eine Schlüsselregion im Kampf gegen den Terrorismus, durch die die religiöse, ethnische und kulturelle Kluft zwischen Nord- und Ostafrika geht. Der Sudan grenzt an neun Länder, und seine Konflikte haben Auswirkungen auf ganz Ost- und Zentralafrika.[6]Der Sudan ist für die USA das Land mit der höchsten Priorität in Afrika aufgrund seiner Bedeutung für den Antiterrorkampf und die regionale Stabilität sowie des Ausmaßes seiner Menschenrechtsverstöße und humanitärer Vergehen.[7]

Was Amerika in seiner negativen Betroffenheit von soviel Unordnung und Leid vom Sudan dann letztlich will – einen wie Gaddafi gewandelten Baschir? dessen Sturz? oder am Ende dann doch einen handlicheren, in zwei oder in noch kleinere Untereinheiten aufgeteilten Sudan? –, lässt es einerseits im Unklaren, andererseits hat die amerikanische Strategie so ihre Konjunkturen. Auf alle Fälle will es einen Staat, der nach amerikanischen Ordnungsvorstellungen funktioniert, in dem die amerikanischen strategischen und materiellen Interessen fest verankert, die der Konkurrenten aber zurück- oder am besten ganz rausgedrängt sind. Erst dann ist auch der Weg frei für die Benutzung der sudanesischen Naturschätze [8] durch die Weltmacht und für die strategische Sicherung der Region mit Hilfe eines riesigen afrikanischen Vorpostens.

2. Das Arsenal amerikanischer Druckmittel im Einsatz

Hilfe – und ihr umstürzlerischer Charakter

Wenn sich der amerikanische Präsident brüstet: We are the world‘s largest donor to the people of Sudan, to the people of Darfur (Bush), dann ist dies eine Kampfansage. Ein Geheimnis ist es nicht, dass sich mit der Ernährung eines verhungernden Volks eine Regierung entweder stützen – so das Numeiri-Regime [9] zur Zeit der großen Dürre in den 80er Jahren – oder stürzen lässt – dies eher die gegen Baschir gerichtete Intention heutzutage. Mit den Hilfsgeldern kommen die Geschwader der reichen Geberländer, Myriaden von NGOs ins Land, deren gute Werke sofort weitere Konsequenzen nach sich ziehen: die Regierung soll die Hilfskonvois und die sie begleitenden Schutztruppen, ohne die es in Krisengebieten nicht geht, ins umkämpfte Gebiet lassen und die eigenen Truppen abziehen. Die Spenden dienen nicht nur zur Versorgung des Volks in den Lagern, auch wenn die eiserne Ration oftmals halbiert werden muss, weil das Geld des mildtätigen Gebers mal wieder nur spärlich träufelt; auch die Rebellen, die sie verteilen dürfen – falls sie sich die Hilfscontainer nicht gleich selbst unter den Nagel reißen –, werden mit ihnen und den härteren Geräten, die nicht lange auf sich warten lassen, zu Wohltätern und der fünften Kolonne Amerikas aufgebaut.[10]

Alles, was die USA für die Realisierung ihrer Ziele im Sudan unternehmen, steht für sie unter der Überschrift „Helping the People of Sudan“.[11] Sie bringen ihr gesamtes Repertoire an Hebeln und Erpressungsmitteln in Anschlag, um das Volk vom islamistischen Diktator zu befreien: Uni- und multilaterale Sanktionen, Unterstützung und Aufbau kriegführender Parteien, Friedensstiftung, Putschplanung und schließlich das Einspannen der ganzen restlichen Welt für die Lösung des von ihnen ausgerufenen Problems. Dies alles nach und nebeneinander und unbeeindruckt davon, dass manche Mittel sich in ihrer Wirkung auch ein bisschen widersprechen und wechselseitig lahmlegen. Dann wird das nächste nachgeschoben, man hat‘s ja, und der entscheidende Durchbruch im 50jährigen Bürgerkrieg steht kurz bevor. Die humanitäre Hilfe aber ist als „Säule“ immer im Gepäck.

Unterstützung der Südrebellen im Bürgerkrieg

Gegen das Baschir-Regime, das sich der US-Ordnungsmacht als unheilvolle Symbiose aus Terror und Islam, als Inbegriff eines negativen Ankerstaats und Gipfel aller ‚failed states‘ darstellt, gehen die USA seit der Machtübernahme des ‚Diktators‘ im Jahr 1989 vor mit Isolierung und Containment, Zersetzung und Destabilisierung. 1993 wird der Staat auf die Liste der Unterstützerstaaten des Terrorismus gesetzt, 1997 gegen ihn ein totales Embargo verhängt, im folgenden Jahr wird Khartum bombardiert, 2002 schließlich wird er mit dem Sudan Peace Act des Genozids im Südsudan angeklagt. Die Sanktionen, mit denen möglichst die gesamte internationale Geschäftswelt zur Aufgabe ihrer Beziehungen zum Sudan angehalten wird,[12] sollen der Staatsmacht die Mittel entziehen, die sie für ihren Halt und den Ausbau ihrer Macht benötigt. Militärisch wird die Schwächung des Regimes über die Unterstützung der Bürgerkriegsmilizen des „christlich-animistischen“ Südens betrieben;[13] den Teufel treibt man am besten aus im Verein mit christlichen Kriegern und in magischen Ritualen bewanderten Stammeskämpfern,[14] beide hochgerüstet mit modernen Waffen.

Daraufhin schnellen die Todeszahlen im Bürgerkrieg wieder in die Höhe, völlig unerhörte Kriegsgräuel machen die Runde,[15] Millionen Flüchtlinge irren durchs Land, eine Menge in Darfur, 2 Millionen Südsudanesen hausen in den Slums von Khartum usw. Mindestens genauso tragisch für Amerika aber ist, dass sich mit all seiner kriegerischen Containment-Politik das gewünschte Ergebnis nicht einstellt: Die Regierung in Khartum wird zwar an der Entfaltung gehindert und mit Kriegführen auf Trab gehalten, hat sich auch zu ziemlich weitreichenden Zugeständnissen bewegen lassen;[16] doch all das reicht nicht, und die USA gestehen sich ein, dass sie hier etwas „übersehen“ haben: Dem Missstand muss abgeholfen werden, dass mittlerweile ein Akteur die Bühne betreten hat, der dem Sudan mit der Erschließung seiner Ölressourcen Mittel an die Hand gibt,[17] der amerikanischen Erpressung auf Dauer zu widerstehen und den Krieg möglicherweise doch noch zu seinen Gunsten zu entscheiden. Zudem erscheint nach 9/11 der mit amerikanischer Schützenhilfe angeheizte innersudanesische Krieg als schlechte Bedingung für die Terrorbekämpfung in Afrika; der Bürgerkrieg wird jetzt als Gefahr (Unterschlupf- und Rekrutierungsmöglichkeiten für Terroristen, Ausstrahlen des Chaos auf die Nachbarländer) für die Erledigung der vordringlichsten Aufgabe jeder US-Außenpolitik identifiziert.

Frieden nach amerikanischen Bedürfnissen zwischen Nord und Süd gestiftet: Comprehensive Peace Agreement (CPA)

Gegen den Einbruch eines unerlaubten Konkurrenten in eine strategisch eigentlich Amerika zuzuordnende Weltgegend setzen die US-Planer den Maßstab für ihre Aktionen ein paar Stufen höher. Sie erklären die Beendigung des Bürgerkriegs zwischen dem Norden und Süden des Landes zur Chefsache und „übernehmen die Führung“[18] in Friedensverhandlungen, die 2005 zum Abschluss eines Comprehensive Peace Agreement (CPA) führen. Durch die von den USA angeleitete Friedensstiftung soll Sudan auf amerikanische Prioritäten ausgerichtet, andere an ihm interessierte Staaten sollen ausgemischt werden. „Transformationsvisionär“ erklärt die amerikanische Außenministerin, den Status quo umstoßen zu wollen, der dem Norden mit der Verfügung über das Öl das Kriegführen gestatte.[19] Und zwar mittels eines Wealth and Power Sharing Agreements, das die Reichtums- und Macht-Gelüste der regierenden National Islamic Front (NIF)[20] zügelt. Nach der im Umgang mit Abhängigen bewährten Methode der „sticks and carrots“ wird die Regierung zur Unterschrift unter einen Vertrag bewegt, der ihre Schwächung besiegeln soll. Das Zuckerbrot ist der verlockende Gedanke, die Feindschaft der USA samt den Sanktionen loszuwerden und einen Neuanfang der Beziehungen starten zu dürfen [21]; die Peitsche der nicht nachlassende Druck und die Drohung mit verschärften Maßnahmen. Nachdem der Rechenschieber für die Verwirklichung der Utopie der Gerechtigkeit auch im Sudan zum Einsatz gekommen ist,[22] hat die sudanesische Regierung folgende Kröten zu schlucken: Das Öl steht nicht mehr ausschließlich dem Norden zur Verfügung; im Süden bleibt ein zweites stehendes Heer, als gleichberechtigter Teil in die nationale Armee integriert; und mit dem für das Jahr 2011 angesetzten Referendum ist das Menetekel der Abspaltung des Südens in den Vertrag inkorporiert – die Einheit damit eine Option, die sich die Regierung durch ständige Zugeständnisse an den Süden eventuell verdienen kann. So haben die Friedensstifter mit dem CPA das Regime in Khartum darauf angesetzt, im Land für eine Ordnung nach dem Geschmack der USA zu sorgen, ihm zugleich aber die Mittel für diese Aufgabe beschnitten[23] und ihm in Gestalt der mitregierenden Südrebellen einen dauernden Stachel ins Fleisch gesetzt.

Die Parteien und Milizen, die da zusammengespannt werden – aus der SPLM muss erst mit amerikanischer Nachhilfe ein Parteiableger für die Amtsgeschäfte gegründet werden –, sollen sich – und werden sich schon, so hofft man jedenfalls – im Interesse des Auftraggebers zusammenraufen. Tatsächlich aber ist mit diesen von den USA festgelegten Regelungen, in denen der Wille der friedenschließenden Parteien lediglich formell in Proporz-Form – in unterschiedlicher Prozentzahl, aber gleichermaßen – anerkannt ist, der Grund für ihren Streit nicht aus der Welt. Beide Parteien verstehen die ihnen mit dem Vertrag gebotenen Möglichkeiten zur Beschränkung und Beaufsichtigung der Gegenseite nicht als Chance für die Realisierung eines so abstrakten Interesses wie „Stabilität des Sudan“, sondern streiten sich von Anfang um die Auslegung und Implementierung des CPA in ihrem Sinn.

Statt Frieden ernten die USA lauter neue Konflikte. In das ohnehin zerrüttete Verhältnis zwischen Stämmen und Parteien bzw. zwischen im Vertrag nicht berücksichtigten Provinzen auf der einen Seite und der Zentrale auf der anderen ist durch das CPA neuer Zündstoff eingebaut: Unter Berufung auf das Abkommen, in dem ähnliche Wealth & Power Sharing Agreements für die übrigen Provinzen gefordert sind, wollen Stammesvertreter und aufrührerische politische Kräfte ihren Einfluss auf die Zentrale erhöhen und verlangen Mitbestimmungs- und Verfügungsrechte über die Ressourcen des Landes. Auch für das Hochkochen des „schwelenden“ Darfur-Konflikts [24] ist dieser Vertrag der sachliche Ausgangspunkt. Die Darfur-Rebellen, die das erste Mal im Frühjahr 2003 von sich reden machen,[25] fühlen sich – wie auch Widerstandskämpfer in anderen Landesteilen, vor allem im Osten – benachteiligt. Gegenüber der Regierung im Norden (und potentiellen Verhandlungsführern im Ausland) verschaffen sie sich Gehör, indem sie – ebenso wie die Gegenseite – die alten Streitereien zwischen Nomaden und Ackerbauern für die gewaltsame Durchsetzung ihrer Interessen benutzen. Sie werden kriegerisch aktiv und verfassen dann Manifeste, in die sie nun des öfteren Fremdwörter wie „Marginalisierung“ einstreuen, um ihren Gleichbehandlungs- und Autonomieforderungen Nachdruck zu verleihen.[26] Die SPLA im Süden steht den Darfur-Rebellen mit Rat und Tat zur Seite, um ihren eigenen Einfluss auf den Gesamtstaat zu stärken und die Regierung in Schwierigkeiten zu verstricken. Die Regierung im Norden aber gerät darüber, dass jetzt alle alten Konflikte durch den US-Frieden frische Nahrung und Auftrieb bekommen, in Bedrängnis; sie wehrt sich gegen erneuten Machtverlust und dringt auf Durchsetzung in den aufständischen Regionen. Weil das CPA eine dauernde Infragestellung ihrer Macht ist, hat sie – noch vor jeder Konfrontation mit einem der oben genannten Machtanwärter, doch weil die nicht lange auf sich warten lassen, dann umso dringender – das Bedürfnis, in den Gebieten aufzuräumen, in denen ihr Gewaltmonopol nicht durchgesetzt ist.

Die Ergebnisse ihrer Befriedungsaktion stellen die Führung in Washington nicht zufrieden: Das Gerangel um Macht und Einfluss zwischen dem Norden und Süden wie auch der Krawall in den anderen Provinzen gefährden den Bestand des Vertrags, die Lösung der neuen Konflikte mit einem Friedensabkommen für Darfur im Mai 2006 (DPA) führt zu keinen erkennbaren Fortschritten in der Befriedung,[27] und die Nationale Islamische Front gibt nicht klein bei. Für den vermehrten Kontrollbedarf, den die Weltmacht entdeckt, hat sie bei der Abfassung der Verträge schon vorgesorgt [28] – und die verschiedensten Instanzen mit der Überwachung der Implementierung beauftragt: einerseits sich selbst in Gestalt von USAID [29] und Stabilisationskoordinatoren [30], andererseits sich selbst als Teil internationaler Kontrollinstanzen wie der UNMIS.

Einspannen der internationalen Gemeinschaft für das US-Vorhaben

Seine Karriere zum international betreuten Ordnungsfall verdankt das Land dem Unwillen, die US-Truppen die Sache erledigen zu lassen:

„Bush diskutierte den seit zwei Jahren andauernden Konflikt in Darfur mit dem südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki und dem NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer im Weißen Haus und sagte später den Reportern, dass die Vereinigten Staaten weiterhin finanzielle und logistische Unterstützung bereitstellen würden, um dabei zu helfen, dem Genozid ein Ende zu machen, aber keine US-Truppen. ‚Unsere Regierung hat eine Menge Geld aufgebracht, um das menschliche Leid dort bewältigen zu helfen‘, sagte er.“ (Washington Post 2.6.05)

Ein Einmarsch wie im Irak wird nicht in Erwägung gezogen, weil das Preis-Leistungs-Verhältnis für diesen kriegerischen Einsatz zu wünschen übrig lässt: Der Sudan hat zwar „höchste Priorität in Afrika“, aber auf der außenpolitischen Agenda stehen andere Kandidaten obenan. Blitzaktionen wie damals die Bombardierung der Pharmafabrik in Khartum oder neulich in Somalia, mit der nebenbei auch die sudanesische Führung beeindruckt werden sollte, sind zwar nie ausgeschlossen, werden das Problem jedoch nicht regeln. Also sollen die Arsenale befreundeter Staaten, der afrikanischen Nachbarn, der Europäer bzw. gleich die der in der UNO versammelten Staatenwelt für den amerikanischen Auftrag, das Baschir-Regime zu schwächen und unter Kontrolle zu bringen, in Beschlag genommen werden. Dazu werden bestehende Institutionen genutzt (UNMIS), andere aufgemöbelt (AU) oder aber völlig neue Kreuzungen geschaffen (UN-AU-Hybridtruppe). Dabei unterstellen die US-Strategen, dass alle anderen Staatsführer das Sudan-„Problem“ genauso zu sehen und in Ordnung zu bringen haben wie sie. Jedes vor Ort tätige Mitglied der internationalen Staatengemeinde knüpft allerdings an die Bereitstellung von Mitteln schon eigene Bedingungen und verfolgt mit dem Casus eigene Zwecke. Daher lebt die Konkurrenz der ambitionierten Weltordner auf, und Amerika hat vollauf zu tun: Kaum trägt die Weltmacht der „Völkergemeinschaft“ Darfur als Regelungsfall an, macht sie sich daran, ihre Konkurrenten über die UNO für das eigene Programm einzuspannen, sie auf ihren Kurs zu verpflichten – steht sie alsbald vor dem von ihr selbst provozierten ‚challenge‘, die Gegenspieler zu einem Mitteleinsatz in ihrem Sinn hinzudirigieren und die Kontrolleure zu kontrollieren.

3. Die Interessen und Rechtspositionen der US-Konkurrenten am Sudan

Seit dem Juli 2004 ist die Völkergemeinschaft mit dem Thema unter Kapitel VII, also der Bedrohung des Weltfriedens, befasst und hat mehr als ein halbes Dutzend Resolutionen zu Darfur verabschiedet. In keiner jedoch ist von Völkermord die Rede, in der letzten wird nicht einmal mehr – wie noch anfänglich – mit Sanktionen gegen den Sudan [31] gedroht. Und dies nicht etwa, weil sich die Lage dort vor Ort zum Besseren gewendet hätte, d.h. Baschir vor den Wächtern in Washington zu Kreuze gekrochen wäre. Die USA sind im Sicherheitsrat an mächtige Fürsprecher des Sudan geraten, die die sich an ‚Robustheit‘ überbietenden Einfälle der USA regelmäßig abschmettern und bis zur Unkenntlichkeit „verwässern“. Deren intransigenten Positionen ist es zu verdanken, dass die UN-Resolution 1706 vom August letzten Jahres, in der die Überführung der bereits in Darfur agierenden, aber für zu schwach befundenen AU-Truppe in eine um 17 000 Mann UN-Soldaten aufzustockende UN-Mission beschlossen wird, ein Jahr lang ihrer Umsetzung harrt, um im Juli 2007 mit der Resolution 1769 eine Neuauflage zu erfahren, bei deren Verabschiedung bereits die Befürchtung zu Protokoll gegeben wird, dass sich ihre Implementierung äußerst diffizil und langwierig gestalten dürfte. Die verzwickte Lage und die Unentschiedenheit amerikanischen Agierens erklären sich vor allem daraus,[32] dass die US-Administration bei der Kontrolle des Sudan auf Hintermänner stößt, die sich dagegen sperren, den Krisenherd nach US-Plänen aufzuräumen. Deren Standpunkte fallen nur in dem einen Punkt zusammen, der Weltmacht dort das Feld nicht zu überlassen. Für

China

ist der Sudan ein interessantes Objekt: als Energielieferant; als entwicklungsbedürftiges Staatswesen, das auf chinesische Hilfe angewiesen ist und von ihr mit Staudämmen, Eisenbahnlinien, Pipelines, Häfen und anderen Infrastrukturvorhaben in großem Maßstab erschlossen wird; als Käufer von chinesischen Waren und Empfänger von Krediten; und schließlich als Abnehmer chinesischer Rüstung. Die Zwecke, die China mit seinem Einsatz im Sudan verfolgt, beschränken sich nicht auf die wirtschaftliche Nutzung der sudanesischen Ressourcen, sondern sind von vornherein darauf gerichtet, die geschaffene Abhängigkeit durch politische Abkommen im Sinne Chinas zu verfestigen und den Sudan zu einem Stützpunkt für die Ausdehnung chinesischen Einflusses auf die Region auszubauen.

Dass China sich zur Deckung seines Energiebedarfs vor allem auf Gegenden konzentriert, die die USA wegen Terrorgefahr unter Quarantäne gestellt haben, hat für die ‚aufstrebende Weltmacht‘ drei Seiten: Erstens ist andernorts für sie nicht mehr viel abzuholen.[33] Zweitens, und das ist erfreulich für sie, sind Staaten wie der Sudan besonders auf chinesischen Schutz angewiesen und verhalten sich daher chinesischen Forderungen gegenüber einigermaßen aufgeschlossen. Drittens aber, und das macht das Engagement heikel, müssen die chinesisch-sudanesischen Beziehungen von Anfang an gegen Amerika verteidigt werden, also noch bevor das chinesische Interesse vor Ort stabil verankert ist. Die US-Angriffe auf den Schurkenstaat unter Zuhilfenahme der Völkergemeinschaft versucht China abzuwehren, indem es seinen Status als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats nutzt, sich der Zustimmung enthält oder gar mit Veto droht und im Verein mit Russland die amerikanischen Vorschläge abschwächt. Es verwahrt sich dagegen, diesen Staat als Terrorunterstützerstaat zu definieren, über dessen Souveränität nach Belieben hinweggegangen werden dürfe, und beharrt in allen Resolutionen darauf, dass die im Sicherheitsrat gefällten Beschlüsse „nur mit Zustimmung der Regierung des Sudan“ umzusetzen seien. Es verlangt, erst die Mittel der sudanesischen Regierung auszuschöpfen, mit ihren „inneren Problemen“ fertigzuwerden, bevor sich äußere Weltenlenker einmischen. Es fordert Beweise für die Verletzung der Menschenrechte, will also einfach nicht einsehen, dass im Völkerrecht eine neue Stunde geschlagen haben soll, und indem es sich so auf die seiner Ansicht nach allgemein gültigen und anerkannten Rechtspositionen der Achtung der Souveränität beruft, die auch im Fall Sudan nicht außer Kraft zu setzen seien – und schon gar nicht durch „unilaterale“ Mächte, die nur noch sich selbst und niemanden sonst mehr achten – macht China den USA das UNO-Leben schwer und zeigt ihnen, wofür die UNO nicht zu gebrauchen ist. Die andere Seite seiner Obstruktionspolitik ist die vorbildlich tatkräftige Unterstützung einmal gefällter Beschlüsse, in Gestalt der Entsendung von chinesischen Blauhelmen in den Südsudan im Rahmen von UNMIS beispielsweise, womit es seine spezielle Zuständigkeit für den Sudan ebenso wie seine Weltordnungskompetenz unter Beweis stellt.

Russland

interessiert am Sudan vor allem die amerikanische Eigenmächtigkeit beim Weltordnen:

„In einem auf der Regierungs-Web-Site erscheinenden Artikel sagte Sergei Lavrov, dass es für die Probleme im Irak, in Nordkorea, der sudanesischen Darfur-Region oder sonst wo keine ‚auf Gewalt basierenden Lösungen‘ gebe. Lavrov kritisierte die – wie er sich ausdrückte – ‚ideologisch motivierte, unilaterale‘ diplomatische Vorgehensweise der USA. Er sagte, dass ‚kein Staat oder keine Gruppe von Staaten über genügend Ressourcen verfüge, um der Welt Unipolarität aufzuzwingen.‘ Er sagte, in den amerikanisch-russischen Beziehungen sollte eine gleichberechtigte Partnerschaft herrschen.“ (Voice of America, 15.8.06)

Es entdeckt keinen Grund, seine Waffenlieferungen an die sudanesische Regierung einzustellen oder sonstige Interessen an diesem Land in den Dienst einer höheren US-gelenkten Sache zu stellen. Solange die Geschicke der Welt nicht partnerschaftlich mit ihm geregelt werden, sieht es keine Veranlassung, sich über das Schicksal der Darfurianer humanitär zu erregen:

„Russland forderte Großbritannien und Amerika auf, damit aufzuhören, wegen Darfur ‚so emotional‘ zu sein, und zu akzeptieren, dass sie den Sudan nicht zwingen können, eine friedliche Lösung für den Konflikt in der Region zu finden.“ (Sudan media centre, 23.8.06)

Europa und seine ambitionierten Vorreiternationen

haben am Sudan ein ziemlich abgeleitetes Interesse. Sie sind nicht dafür, hier Russland oder China das Feld zu überlassen.[34] Diese schöne Einigkeit mit dem amerikanischen Verbündeten wird allerdings überschattet durch den Ärger, der ihnen aus dem Umstand erwächst, dass die USA schon längst dabei sind, mit dem Abschluss des CPA und dessen Überwachung den Sudan auf amerikanische politische Vorgaben auszurichten und so das Land US-Interessen zu- und unterzuordnen. Europas Mächte sehen es als einen Skandal an, dass der Vertrag mehr oder weniger ohne ihr Zutun zustande kommt und sie Gefahr laufen, zu Vollstreckern amerikanischer Beschlüsse in Afrika degradiert zu werden. Ihren Anspruch auf Mit-Führerschaft melden sie durch die Übernahme der Meinungsführerschaft [35] an, indem sie kurz vor Abschluss des Abkommens ihren Bedenken Ausdruck verleihen, dass hier unerhörterweise eine Regierung durch einen Friedensvertrag international salonfähig gemacht werde, die sich ‚unbemerkt von der Weltöffentlichkeit‘ schwerste Menschenrechtsverletzungen habe zuschulden kommen lassen und in Darfur ‚eine humanitäre Katastrophe‘ sondergleichen anrichte. Das Wort Genozid nehmen sie zwar nicht in den Mund, um nicht Konsequenzen zu präjudizieren, die ihnen nicht gelegen kämen, den USA wollen sie ebendies Versäumnis aber schon zum Vorwurf machen. Aufgrund des Drucks, den die Europäer in dieser Angelegenheit aufbauen, gelangt Darfur innerhalb eines Jahres vor den Sicherheitsrat, was der südsudanesische Bürgerkrieg in seiner 25-jährigen Geschichte mit seinen Millionen Toten nicht geschafft hat.[36] Nach der Internationalisierung der Affäre arbeitet die europäische Konkurrenz sich daran ab, den USA ein Bein nach dem anderen zu stellen. Entweder verweigert sie der Führungsnation von ihr beantragte Mittel – so kommt die NATO entgegen amerikanischen Wünschen nicht zum Einsatz.[37] Oder sie macht sich an die Umgestaltung gemeinsam beschlossener Mittel und rangelt unermüdlich und mit dem Einsatz von hunderten Millionen Euros um ihren Einfluss auf die AU.[38] Daneben machen die Führungsnationen der EU entweder durch demonstrative Abstinenz in Sachen Unterstützung für angeforderte Hilfe von sich reden, wie z.B. Deutschland, das für die Hybridtruppe nichts übrig hat; oder aber durch Anmelden von Sonderrechten und Spezialeinsätzen, zu denen man sich aufgrund der Präsenz vor Ort in den Nachbarstaaten gedrängt sieht, wie z. B. Frankreich, das sich nicht für die Hybridtruppe in Darfur stark macht, sondern eine UN-Mission für die Anrainerstaaten Tschad und Zentralafrikanische Republik beantragt und bekommt.

4. Resultat der amerikanischen Friedens-Arrangements für den Sudan

Der Einsatz der Weltmacht, ihre Mission für eine US-Interessen entsprechende Ordnung im Sudan bringt viel Zerrüttung und Zerstörung, aber keine ihrem Regelungsbedarf entsprechende Klarstellung zustande. Mit ihrem Anspruch auf Unterordnung, den sie an alle Beteiligten heranträgt, rührt sie an allen Ecken und Enden Gegensätze auf: Neue Fronten brechen auf, und die Akteure geraten unfriedlich aneinander. Schön sieht die neue Ordnung nicht aus:

Im Sudan: Streit an allen Fronten und Ausstieg des Südens aus der Regierung der nationalen Einheit

Weil es im Sudan mittlerweile Brauch ist, sich mit dem eigenen politischen Anliegen und zur Lösung der Querelen hilfesuchend nach außen zu wenden, wo die eigentlich zuständigen Instanzen für die Befriedigung der Forderungen, nämlich die Ansprechpartner für die Begrenzung der Macht der Zentralregierung sitzen, bzw. weil äußere Mächte längst in allen inneren Angelegenheiten ihre Hände im Spiel haben, ist Befriedung der Lage nicht in Sicht. Teile der islamischen Opposition im Norden werden unter Anklage des Staatsputsches weggesperrt, und in sämtlichen Landesteilen beklagen sich Demonstranten, Rebellen oder Gouverneure über mangelnde Berücksichtigung ihrer Interessen: Im Norden protestieren Nubier gegen Staudammprojekte der Chinesen, im Osten die Beja, die eben erst ihren Vertrag mit der Zentrale abgeschlossen haben, und im Süden kündigt die Regierung des Südsudan (GoSS) die politische Zusammenarbeit mit der Baschir-Mannschaft in der Regierung der Einheit (GNU). Weil sie den Sinn des geschlossenen Friedensvertrags mit dem Norden nicht so sehr im gemeinsamen Aufbau des Landes, sondern in der Abhaltung des Referendums zur Abspaltung des Südens sieht, beklagt sie die mangelnde Implementierung folgender zentraler Punkte: Keine Grenzziehung zwischen Nord und Süd, keine Vorbereitungen für die Volkszählung, keine Regelung für die umstrittenen Gebiete – vor allem das von beiden Seiten beanspruchte ölreiche Abyei wird bereits als „Kaschmir Afrikas“ beschworen –, und keine Demilitarisierung der Ölgebiete. Sie ruft den UN-Sicherheitsrat, aber auch alle anderen Vermittlungsmächte, allen voran die USA [39] an, in ihrem Sinn Druck auf die Nord-Regierung auszuüben, um das CPA „zu retten“, für das sie schwarz sieht. Seit Monaten registriert sie nicht nur das Heraufziehen eines neuen Kriegs zwischen Nord und Süd, sondern tut alles dafür, für ihn gerüstet zu sein: Der größte Teil des Haushalts ist für Militärausgaben bestimmt, Truppen werden an strategisch wichtigen Punkten, vor allem in und um Abyei, zusammengezogen und die Generäle nach Washington zur Unterweisung geschickt. Die Kirchen richten wieder wie zu Zeiten des Bürgerkriegs mit dem Norden ihre wöchentlichen ökumenischen Bittgottesdienste ein. Die Baschir-Regierung ihrerseits beschließt die Mobilmachung der Mudschaheddin ihrer Volksverteidigungskräfte (PDF).

In Darfur: Anarchie wie in Somalia

In den umkämpften Gebieten Darfurs konzentrieren Regierung und Rebellen ihre Kräfte darauf, Fakten zu schaffen in Bezug auf die von außen angesagten Ordnungsmaßnahmen,[40] und zwar sowohl im Verhältnis zur Hybridtruppe als auch im Hinblick auf die neuerlich angesetzten Friedensverhandlungen sowie in Bezug auf die schon im existierenden Friedensvertrag für Darfur (DPA von 2006) vorgesehenen Entmachtungsmaßnahmen der Zentralregierung: Als Untaten der Regierung werden gemeldet die Spaltung der Rebellen, um die Verhandlungen im eigenen Sinn beeinflussen zu können; Großoffensiven gegen die Aufständischen; Ansiedlung von ausländischen Arabern aus dem Tschad und Niger in den Dörfern der Vertriebenen als auch Auflösung von Flüchtlingslagern, beides berechnet auf die Schaffung einer anderen Struktur des Volkskörpers für die anstehende Volkszählung und die kommenden Wahlen. Von den Rebellen vernimmt man Überfälle auf die AMIS, zur Mittelbeschaffung oder weil die AU der Zusammenarbeit mit Khartum verdächtigt wird, sowie auf NGOs; Geiselnahmen; Eröffnung neuer Fronten in anderen Landesteilen, auf die sich das UN-Mandat nicht erstreckt, vor allem in der Region Kordofan, in dem Abyei, der Zankapfel zwischen Nord und Süd, liegt; Zusammenarbeit mit der Südmannschaft.

Die Fronten werden dabei ein wenig unübersichtlich. Einstige Verbündete der Regierung, Teile der Dschandschawid, sind ihr nun entfremdet, und Araber kämpfen gegen Araber; Rebellen sind von Banditen nicht zu unterscheiden, die Überfälle auf NGO-Konvois nehmen um 100 % zu, die Flüchtlingslager werden militarisiert. Dass für das Volk das Leben weder ordentlicher noch gemütlicher wird, versteht sich. Manche gehen freiwillig in die Lager, weil es dort wenigstens irgendwas zu essen und trinken gibt, die durchschnittliche Sterbequote, von aufmerksamen NGO-Wächtern penibel registriert, steigt auf mindestens 10 000 pro Monat. Und wo nicht gleich verhungert wird, wie in Khartum oder Juba, dem teuersten Slum der Welt, kann kaum noch einer die Mieten zahlen: der Schwarm an ausländischen Helfern, Politikberatern, Soldaten und Krisengewinnlern verdirbt die Preise.

Die der Regierung zu ihrer Kontrolle an die Seite gestellte Hybridtruppe [41] aus UN-AU-Beständen wird von ihr, so weit sie es vermag, torpediert. Sie will der zukünftigen Ordnungsmacht im Land, die dieses ihrer Ansicht nach in ein ‚UN-Protektorat‘ verwandeln soll, nicht freiwillig das Feld überlassen und schon gar nicht ihr zuarbeiten. Sie besteht auf deren ‚vorwiegend afrikanischem Charakter‘, weil ihr die Schwäche der AU bekannt ist – und um alle auf dem afrikanischen Kontinent von Amerika sich entrechtet wähnenden Regierungen hinter sich und ihre ehrenwerte Sache zu scharen. Und sie rechnet nicht nur mit der Ohnmacht der AU, sondern tut ihr Möglichstes, sie zu bewirken: Westliche Truppenkontingente genehmigt sie nicht, Kampfhubschrauber, Nachtflugerlaubnis und Landebahnen für schwere Flugzeuge lehnt sie ab,[42] und die ihr im Oktober zugestellte Liste der Truppenstellerstaaten wird weder gutgeheißen noch abgelehnt. So muss die amerikanische Administration – nach der Verabschiedung der Resolution ist bald ein halbes Jahr verstrichen – Baschir als „Meister der Verzögerungstaktik“ beschimpfen und „Obstruktionismus“ monieren.

In der näheren Region: „Proliferation“ der „Möchtegern-Friedensstifter“ und ein paar weitere Kriege

Die neun Nachbarn des Sudan sind alle vom „Sudan-Syndrom infiziert“.[43] Sie sind einerseits von der Zerrüttung und dem Zerfall in ihrer unmittelbaren Umgebung direkt betroffen, wie z.B. der Tschad und die Zentralafrikanische Republik, die mit Hunderttausenden von Darfur-Flüchtlingen, etlichen Rebellengruppen sowie Binnen-Flüchtlingsströmen im eigenen Land fertig werden müssen. Oder sie befürchten, demnächst in Mitleidenschaft gezogen zu werden, wie etwa Ägypten, das einen möglichen Zerfall des Sudan, durch den seine Lebensader bedroht wäre, verhindern möchte. Andererseits fühlen sie sich zu eigenen Engagements bei der Ordnungsstiftung gedrängt, weil sie von den USA ausdrücklich als Mitmacher und Betreuer beim Erledigen unordentlicher sudanesischer Verhältnisse gefragt sind, die Aufgaben in der Hybridtruppe übernehmen, zum ‚Finden einer politischen Lösung‘ bei den Friedensverhandlungen in Libyen beitragen sollen – oder aber dabei zurückgewiesen werden wie etwa Ägypten oder Eritrea. Doch ob sie nun konstruktiv im Sinne Amerikas an der Schwächung des Sudan arbeiten – durch Aufrüstung der Rebellen, Gewährung von Rückzugsräumen für sie usw. – oder sich um den Erhalt des sudanesischen Staats und die Kräftigung der Regierung in Khartum bemühen: Ihnen allen geht es dabei nicht um die Erledigung der US-Interessen. Sie verfolgen bei ihren Aktivitäten in, um, für oder gegen den Sudan ihre eigenen Ziele, wenn sie ihr Gewicht in der einen oder anderen Weise bei der Ordnungsstiftung in der Region und gegenüber der Weltmacht zur Geltung zu bringen versuchen.

Das Umfirmieren der AU-Streitkräfte, ihre Unterstellung unter das UN-AU-Dach, geschieht denn auch nicht auf Betreiben der afrikanischen Machthaber. Aufgrund der Zumutung, ihre spärlichen Kräfte höheren Instanzen unterzuordnen – ohne einen anderen Lohn dafür erwarten zu dürfen als den Sold für die Soldaten, der obendrein oft genug ausbleibt –, müssen sie zu diesem ‚Rehatting‘ mit sanftem Druck der Donors ‚gepusht‘ werden. Nicht nur aufgrund ihrer mangelhaften Ausrüstung, auch aus politischen Erwägungen sehen sie von sich aus keinen Grund, sich mit der Regierung in Khartum anzulegen.[44]

Auf der anderen Seite aber wird auch ihre Aktivität nur in den seltensten Fällen vorbehaltlos gern gesehen. Wenn sie Rebellen zu sich einladen, um sie zu einigen, werden sie womöglich getadelt, die Vorbereitungen für die Friedensverhandlungen an sich zu reißen; und wenn sie dem Auftrag nachkommen, das afrikanische Kontingent der Hybridtruppe mit ihren Soldaten zu bestücken, sind sie vor dem Verdacht nicht sicher, sich nicht wirklich für Frieden und Ordnung auf ihrem Kontinent, sondern nur für ihre eigenen Interessen stark machen zu wollen. Die „proliferation“ der Vermittler und das „forum shopping“ der Rebellen,[45] die sich die ihnen am ehesten zusagenden Angebote an den Schlichtungsbörsen aussuchen wollen, werden von den US-Diplomaten moniert. Mit ihrer Konkurrenz sowohl um die Verschiebung ihres regionalen Gewichts wie um die Aufmerksamkeit und Zuwendung durch höhere Mächte machen sie der Afrika-Oberaufsicht das Leben schwer: Die unermüdlich den Kontinent bereisenden Sondergesandten aus Washington stempeln ihre schmutzig-schwierigen Aufgaben verächtlich als „coralling“ (= Vieh in den Pferch treiben) ab. Ob sich nun Sudans Nachbarn der Weltmacht andienern und bei ihr Pluspunkte ergattern wollen, wie etwa Libyen mit seinem Interesse, die Friedensverhandlungen in Sirte auszurichten, oder die Mitgliedsstaaten der AU, die ihre Truppen anbieten;[46] oder ob sie versuchen, die Weltmacht zu bremsen oder auszumischen und wie etwa Ägypten ein großes Kontingent für die Hybridtruppe bereitstellen wollen, um westliche Truppen aus dem Nachbarland fernzuhalten und die AU gegen die UN zu stärken, deren Neutralität bezweifelt wird; oder ob sie wie Eritrea sich den Rebellen als Rückzugs-, Hauptversammlungs- und Einigungsort anbieten, um sich gegen den Erzfeind Äthiopien, Amerikas wichtigsten Verbündeten in der Region, Druckmittel aufzubauen: Das Misstrauen der Weltmacht ist erwacht, sie würden sich dabei nur von den eigenen Interessen lenken lassen anstatt sich um die Bewältigung des Unordnungsproblems in ihrer Nachbarschaft uneigennützig verdient zu machen. Gegen Libyen, das eben noch für seine Bereitschaft gelobt wurde, wieder in die Staatengemeinschaft zurückzufinden und deren Lenker mit der Ausrichtung der Tagung einen Dienst zu erweisen, wird die Beschuldigung erhoben, für das vorläufige Scheitern des Friedenszirkus mitverantwortlich zu sein,[47] so dass erwogen wird, ihm die Gunst der Selbstdarstellung wieder zu entziehen und den nächsten Gipfel, falls überhaupt noch einer stattfinden sollte, woanders tagen zu lassen. Und gegen den unbefugten Vermittler Eritrea hat sich der Verdacht fast schon zur Gewissheit erhärtet, hier über kurz oder lang den Schurken Nr. 6 auf die Liste der Terrorunterstützerstaaten setzen zu müssen, dessen Sündenregister beinahe komplett zusammengetragen ist: Ein Hort für die aus Somalia vertriebenen Islamisten, die es mit Waffen ausstattet, Unterstützung für die Rebellen im Sudan, Djibouti, Äthiopien und Sri Lanka, und neben seiner destabilisierenden Rolle am Horn von Afrika als Gipfel der Unverschämtheit die Ablehnung amerikanischer Hilfsangebote [48] und – im Zeitalter der Globalisierung! – die Abschottung gegen den Weltmarkt.[49]

So sortieren die USA die Region entlang den anstehenden Ordnungsaufgaben für den Sudan. Mittlerweile sind sie zu der Überzeugung gelangt, der UNO nicht länger die Bestückung der Truppe überlassen zu dürfen, deren Aufgaben jetzt von den ‚allies‘ der USA in Afrika und Nahost erledigt werden sollen.[50] Diese Formierung in willige Zuarbeiter und unsichere Kantonisten macht die Gegend alles andere als sicher. Der afrikanische Ankerstaat Äthiopien, der sich als Sitz für das neu einzurichtende US-Kommando für Afrika, Africom, anbietet, bekommt für seine kriegerischen Dienste in Sudan und in Somalia gegenüber dem Erzfeind Eritrea freie Hand, weil Amerika letzteren als Un-Staat einstuft. In der UNO wird für seine Verurteilung gesorgt – und der Aufmarsch der äthiopischen Soldaten zu 100 000 Mann an der Grenze ist im Gange. Nebenan aber wird unablässig Somalia befriedet.[51]

In der UNO: Patt im Sicherheitsrat und die ultimativen Drohungen und Alleingänge der Weltmacht

Faule Kompromisse der UN-Resolutionen – und zahnlose Peacekeeper

Den Ärger mit dem Sudan, das ewige „Katz und Maus-Spiel“ Baschirs [52] wie auch die unzulässigen Mitmischergelüste seiner Nachbarn führen die USA zurück auf die anderen Weltmächte, die ihnen in der Sudanregelung nicht weiter entgegengekommen sind als bis zu einem „faulen Kompromiss“. Bei der letzten UN-Resolution vom Juli dieses Jahrs, in der die Hybridtruppe und die Aufnahme erneuter Friedensverhandlungen beschlossen wurden, hat China zwar von seiner Blockadepolitik Abstand genommen, eingesehen, dass es sich in Darfur um einen Fall handelt, der das Eingreifen der Völkergemeinschaft unter Kapitel VII der Charta (Bedrohung des Weltfriedens) erfordert, und sogar sein Gewicht dafür eingesetzt, Baschir die Zustimmung zu den beschlossenen Aktionen abzuringen. Der grundlegende Makel der Resolution besteht aber nach Ansicht der USA nach wie vor darin, dass immer noch von der Achtung der Souveränität des Sudans ausgegangen werden muss, weil das Mandat festlegt, das Eingreifen der Friedenshüter solle nicht der Verantwortung der sudanesischen Regierung zuwiderlaufen (FAZ, 2.8.), müsse also mit ihr abgestimmt werden. Der so zustande gekommene „dreiseitige Mechanismus“ der Hybridtruppe aus den Komponenten UN (Kommando), AU (Ausführung) und Regierung des Sudan ist für Bush, Rice & Co. eine einzige Fehlkonstruktion. Ihr Zweck ist beschränkt, weil sie nicht die Entwaffnung der Dschandschawid-Milizen und andere von den Amerikanern gewünschte erste Schritte zur Durchsetzung des Regime Change vorsieht, sondern auf den Schutz ihrer selbst, der NGOs und der Zivilbevölkerung reduziert ist.[53] Die Truppe hat, wie bereits vor dem Scheitern der Friedensverhandlungen in Sirte moniert wird, nicht nur „no peace to keep“. Sie verfügt auch nicht über die Fähigkeit, dem gewünschten Standard in Sachen Friedenssicherung auch nur entfernt zu entsprechen: Erstens wegen der Weigerung Baschirs, UNO-Blauhelme ins Land zu lassen, von denen er sich nichts als seine Entmachtung verspricht; zweitens, weil aufgrund der Konstruktion einer hauptsächlich aus afrikanischen Mannschaften zusammengewürfelten Streitmacht unter UN-Kommando der Streit zwischen den USA, UNO und AU vorprogrammiert ist, weil keine Zusammenstellung der Hybrid-Armee den Ansprüchen der Weltmacht genügt. Der Einsatz der Truppe droht jetzt an einem Gebrechen namens donor fatigue zu scheitern, dem Unwillen der USA und ihrer Konkurrenten, den Apparat mit den nötigen militärischen Mitteln, vor allem Kampfhubschraubern und Transportkapazitäten, auszustatten. Die als Zuarbeiter für das amerikanische Anliegen vorgesehenen Konkurrenten um die Weltmacht sehen nicht ein, warum sie ein Vorhaben realisieren helfen sollen, von dem sie sich keinerlei Nutzen versprechen. Weil sie in ihrem Aktionsradius – sowohl was die Entfaltung ihrer Interessen am Sudan als auch in der Region angeht – eingedämmt werden sollen, mauern sie. Und wenn sie emsig werden wie der frisch gewählte französische Staatspräsident, dann auch nicht eben als Diener amerikanischer Ordnungsvorhaben, sondern um einen speziell französischen, bisher vernachlässigten Aspekt des Geschehens in den Vordergrund des Weltinteresses zu rücken: das Flüchtlingsproblem in den Nachbarländern, das mit einer eigenen EU-Truppe behandelt wird. So wird nicht nur die UNAMID nicht gestärkt, auch die Sanktionen werden von niemand außer den US-Firmen eingehalten.[54]

Weil die USA mit dieser „Lage“ höchst unzufrieden sind, beginnt ein seltsames Spiel. Alle Jahre wieder und dann im sich beschleunigenden Zyklus werden UN-Resolutionen beantragt oder auch verabschiedet, die den amerikanischen Ansprüchen auf gründliche Regelung des Sudanproblems in keiner Weise standhalten. Um endlich mehr zu erreichen, als lediglich die gegensätzlichen Standpunkte festzuschreiben, um den Druck auf die Verweigerer zu erhöhen und sie zur Unterschrift unter eine UN-Resolution zu erpressen, die das amerikanische Interesse an der Transformation des Sudans bedient, geht die US-Regierung in die Offensive und schafft Fakten: Durch immer neue Drohungen und Einschüchterungsversuche, Machtdemonstrationen und amerikanische Alleingänge sollen vor allem China und Russland dazu gebracht werden, ihre unredlich erworbenen und eigennützig verwendeten Mittel einer sinnvollen Verwendung zuzuführen, nämlich ihren Schützling zum Einknicken zu nötigen und sich für eine UN-Regelung im Sinne der USA stark zu machen.

Das vernachlässigte Problem der CPA-Implementierung: Vorarbeiten für die Abtrennung des Südsudan

Der Schluss, den die Weltmacht aus dem Patt zieht, besteht darin, den gesamten Sudan wieder in den Blickpunkt der Staatengemeinde zu rücken. Das bisher betriebene zweigleisige Verfahren, mit der Zerlegung des Sudan zu drohen und so Druck auf die Regierung in Khartum auszuüben, das CPA im Sinne des Erfinders zu exekutieren, weicht immer mehr dem Standpunkt, das CPA revidieren, das heißt auf die Notwendigkeit einer Abtrennung des Südsudans hinarbeiten zu müssen – auch wenn dabei noch der Schein aufrechterhalten wird, die Implementierung des CPAs habe „Priorität“. Die US-Regierung macht sich jetzt zum Anwalt eines von der internationalen Gemeinschaft angeblich vernachlässigten Problems und lenkt die internationale Aufmerksamkeit auf Versäumnisse bei der Umsetzung des CPAs:

„Insgesamt bietet die Situation mehr Gründe für Alarm als für Beruhigung. Die US-Politik beabsichtigte, mit dem CPA einen Wendepunkt für die Transformation des Sudan aus einem failing state zu einem gerechteren und demokratischeren Staat zu schaffen, der ein Partner für Stabilität und Sicherheit in einem gefährlichen Teil der Welt sein könnte. ... Nichts hat sich wirklich in Khartum geändert. Das CPA braucht erneuerte internationale politische Aufmerksamkeit auf hohem Niveau.“ [55]

Ende Oktober wird die UN-Resolution 1784 verabschiedet, die den mangelhaften Implementierungsstand des CPAs beklagt und der Weltgemeinschaft einen neuen Auftrag verpasst: die Verzögerung der Implementierung wie überhaupt die Situation in Sudan ist nach wie vor eine Bedrohung für den Weltfrieden, der durch die Verknüpfung der beiden Krisen des Landes [56] und eine verstärkte Überwachung [57] zu begegnen sei. Die US-Regierung selbst zeigt, wie sie diesen Auftrag versteht, wenn sie auf den Ausbau von Sonderbeziehungen zum Südsudan hinarbeitet:

„Schlüsse, die das amerikanische Volk daraus (= aus den Verfehlungen der Nordregierung) ziehen sollte: 1. den Sudan insgesamt betrachten, also eine gemeinsame Strategie gegen die Regierung entwickeln, die für die verschiedenen Probleme allein verantwortlich ist; 2. die Fiktion aufgeben, dass es unter einem CPA immer noch möglich ist, ‚die Einheit attraktiv zu machen‘; 3. mit dem Südsudan neue Beziehungen aufbauen; 4. das Militär des Südens schulen ...“ [58]

Durch Ausnahme des Südens von den neu beschlossenen Sanktionen für den ganzen Sudan –

„mit der neuen US-Finanzministeriums-Richtlinie (Sudan Sanctions Regulations, 31.10.07) werden die Gebiete Sudans, für die Sanktionen gelten, revidiert und die GoSS als Einheit getrennt von der Regierung des Sudan anerkannt. Sanktionen für den Süden gelten nur noch für die Öl- und petrochemische Industrie. Ausgenommen außerdem: Darfur, IDP-Lager, Kordofan, Nuba, Blue Nile, Abyei“ (Sudan Tribune, 1.11.07)

erfolgt endgültig die Klarstellung, wie die Sache gemeint ist. Im Norden fühlt man sich an die Praxis der Briten erinnert, die das Land in zwei Zonen teilten:

„Der Führer der islamischen Oppositionspartei Umma, Al-Mahdi, beschrieb die Sanktionen als Teilung des Sudan in Gebiete, die von den Sanktionen ausgenommen und über die welche verhängt sind, eine Politik, die der Politik der britischen Administration während der Kolonialzeit ähnelt, die den Sudan in geschlossene und nicht-geschlossene Gebiete geteilt hat.“ (Sudan Tribune, 11.11.07)

Vernehmlicher kann man als Weltmacht nicht auf die Pauke hauen: Nur die USA sind es, die allen Untergliedern der Staatenwelt ihren Bestand verleihen – oder eben ihre Auflösung in die Wege leiten, wenn mit einer solchen Neuordnung US-Interessen besser entsprochen wird. Was allen anderen Staaten untersagt ist und im Fall eigenmächtiger Sezession bzw. unautorisierter Landnahme mit Krieg geahndet wird, das darf die Weltordnungsmacht nicht nur, sie muss es dürfen – nämlich um Frieden in die Region und Sicherheit in die Welt zu bringen.

Unilaterale Sanktionen verschärfen – bis hin zur angedrohten direkten Schädigung Chinas

Mit einer Unmenge von Auflagen – gegen den Sudan wurden mehr Sanktionen als gegen jedes andere Land verhängt: ‘Sobald eine Hürde bewältigt, wird eine neue errichtet‘, beschwert sich der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im sudanesischen Parlament. (Los Angeles Times, 18.8.) – wird das US-Sanktionsregime unilateral immer weiter ausgebaut: So legt man allen Quertreibern,[59] allen voran Russland und China, über die Beschädigung ihrer Interessen ein unabweisliches Argument fürs Mitmachen bei der US-Weltordnung nahe. Im Mai werden 30 weitere sudanesische Firmen auf die Verbotsliste gesetzt, außerdem wird den „für die Verbrechen verantwortlichen Individuen“ der Zugang zum US-Finanzsystem verwehrt. Zeitgleich mit der Verabschiedung der UN-Resolution 1769 wird im Repräsentantenhaus ein Gesetz verabschiedet, das zum Rückzug von im Sudan investierten Geldern ausdrücklich ermuntert, indem es Investmentunternehmen und Banken vor möglichen Klagen schützt. Im Wechsel zwischen scharfmacherischen NGOs (Keine Geschäfte mit dem Tod! Investoren gegen den Völkermord – divest for Darfur!), Bundesstaaten, die ihre Pensionskassen terrorfrei machen und der demokratischen Opposition, die ihre Gegner mit der eigenen Vorbildlichkeit in Sachen korrekter Geldanlage [60] ausstechen will, auf der einen Seite und der Regierung auf der anderen, die sich gegen die Verabschiedung des Divestmentgesetzes durch den Kongress mit den interessanten Argumenten ausspricht, sie wolle allzu schädliche Auswirkungen auf die ‚allies‘ unterbinden, an deren Einbindung gerade gearbeitet wird, und sich keine Vorgaben in Sachen Außenpolitik von irgendjemand, auch nicht den eigenen Bundesstaaten, aufnötigen lassen, schaukeln sich moralischer Eifer und Rigorismus hoch: Die Banken werben schon mit attraktiven terrorfreien Titeln; und auch die Stimmungsmache mit dem Olympiaboykott gegen China ist nicht zu verachten: die Sudankampagne hat mittlerweile größere Ausmaße angenommen als damals der Südafrika-Boykott. Wenn sich die Regierung zurückhaltend und, aus Sorge um die eigene wie die Welt-Wirtschaft und ihre Führung der Weltpolitik, als mäßigende Instanz US-schädlicher Fanatiker gebärdet, so vermittelt sie auch auf diese Weise eine nicht zu überhörende Drohung: Die Bedingung, ihre Vernunft weiter walten zu lassen und die „Hebel“ auf das sinnvolle und wirksame Mindestmaß zu beschränken, sind Zugeständnisse und „hilfreiche“ Zusammenarbeit der Gegenmächte. Falls die als ungenügend beurteilt werden sollten, hat sie noch ein paar schärfere Geräte in der Hinterhand als einen Olympiaboykott, an dem die NGOs derzeit einen Narren gefressen haben: Einrichtung einer no-fly-zone über Darfur und ein Oil-for-food-Programm [61] wie damals gegen den Irak, der da allerdings keinen weltmächtigen Fürsprecher hatte. Daher müsste diesmal außerdem eine Seeblockade des einzigen Hafen des Landes, aus dem das Öl nach China verschifft wird, ernsthaft in Betracht gezogen werden:

„Eine weitere Option ist übrigens, die Blockade von Port Sudan, Sudans einziger Zugang zum Meer und zur Welt und seine einzige Ölumschlagstelle, wenigstens ernsthaft zu überlegen.“ [62]

[1] Bush vor dem Jahrestreffen der Southern Baptist Convention, Sudan Tribune 14.6.

[2] Bis heute ist der Begriff Dschandschawid unscharf. Mus Hilal, der wohl mächtigste Anführer dieser Araber-Banden, sagte einmal dazu: ‚Dschandschawid bedeutet nichts. Es ist ein Wort, das nur das Böse bezeichnen soll, dieses Wort soll es den Amerikanern leichter machen, zu verstehen, wer die Good Guys und wer die Bad Guys sind.‘ (Thilo Thielke, Spiegel-Korrespondent in Nairobi: Krieg im Lande des Mahdi – Darfur und der Zerfall des Sudan, 2006, S. 246)

[3] Sämtliche Kriegsparteien haben schwere Menschenrechtsverletzungen begangen. (ebd. S. 9)

[4] Es wird berichtet, manch Hungernder sei schon von aus der Luft abgeworfenen Lebensmittelsäcken erschlagen worden! (S. 223) Doch es kommt noch schlimmer. Die Hilfsorganisationen lösen einen teuflischen Kreislauf aus: Durch die Helfer wurden auf der einen Seite die Milizionäre immer reicher und auf der anderen die Dörfler von der Lebensmittelhilfe abhängig, und durch den Reichtum konnten die Kriegsparteien mehr Waffen kaufen und mehr Felder zerstören, und darum lieferten die Hilfsorganisationen wiederum mehr Geld und mehr Lebensmittel und so weiter. (ebd. S. 258)

[5] Der US-Sonder-Gesandte für den Sudan Natsios bei einer Anhörung vor dem US-Senatskomitee für Auswärtige Angelegenheiten, 11.4.

[6] Interim Strategic Plan for Sudan, 2004-2006 – USAID, 10.06.03

[7] USAID – Sudan 2006-2008 Strategy Statement 12/2005

[8] Öl/Uran/Gummi Arabicum stechen jetzt schon in die Augen, aber die Ressourcenprospektion hat ja noch gar nicht richtig begonnen ...

[9] Das Bollwerk gegen Äthiopiens Kommunisten wie gegen Gaddafis schurkische Diktatur (Thielke, S. 275) erhält Anfang der 70er Jahre für seinen Schwenk vom Sowjetverbündeten zum strategischen Alliierten US-Militär-Hilfe in Milliardenhöhe, der sechsthöchsten damals. Diese Belohnung gestattet es ihm, das Friedensabkommen von 1972 mit dem Süden, dem eine autonome Regierung garantiert worden war, zu brechen, die inneren Grenzen (inzwischen war Öl entdeckt) zugunsten des Nordens zu verschieben, den Süden in kleinere Verwaltungseinheiten aufzuteilen und ein Islamisierungsprogramm aufzulegen. So hat schon zu jener Zeit die US-Hilfe dazu getaugt, erneut den Bürgerkrieg zwischen dem Norden und dem Süden loszutreten – und damit einen der Grundsteine auch für das Darfur-„Problem“ zu legen, um dessen „Lösung“ die amerikanischen Retter sich nun verdient machen.

[10] In Zeiten, wo Hilfe Hochkonjunktur hat, besetzt den wichtigsten Posten jeder Rebellenbewegung der Mann für „humanitäre Angelegenheiten“: Der kommt ans Geld der Geber – und beschließt, wie damit verfahren wird.

[11] U.S. Support to Humanitarian Assistance; U.S. Support to Peacekeeping; U.S. Diplomatic Action; U.S. Support to the CPA; U.S. Support to the DPA (Fact-Sheet America: Helping the People of Sudan – 9.4.07 – state.gov)

[12] Die amerikanischen Firmen wie Chevron, Entdecker des sudanesischen Öls, werden mit Gesetzesdruck und Steuergeschenken, nämlich Abschreibungsmöglichkeiten in Höhe der Hälfte der Erschließungskosten, zum Abzug bewegt. Bei den ausländischen Konkurrenten, vor allem aus Kanada und Österreich, kommen unfeinere Mittel wie Rufmordschädigung an der New Yorker Börse zum Einsatz; auch sie rücken ab.

[13] Die Hauptrebellengruppe des Südens, die SPLA, wird über die US-Alliierten Äthiopien, Eritrea und Uganda ausgerüstet und ausgebildet und hat seit 1989 2 Mrd. $ bekommen.

[14] Im Süden haben einige Minderheiten (einige Stämme der Schilluk, Dinka und Nuer) einen synkretistisch geprägten Glauben an Götter. Sie praktizieren magische Rituale und Zauberei ... Geister, die in ein Medium zwischen Gott und Mensch eindringen und so Schwierigkeiten beseitigen können. Die Religion der Ingessena und Maydub steht in enger Verbindung zur Sonne; die Ingessena praktizieren Feuerrituale. (Traditionelle Religionen – Geschichte des Sudan – sudan-embassy.de)

[15] Berichtet wird von Kindersoldaten, billig und unter Drogen zu allen Grausamkeiten abrichtbar – diese Sorte Kriegführung nimmt Anfang der 90er Jahre ihren Aufschwung in Sudan wie in ganz Afrika, als die USA nach Beendigung des Kalten Kriegs ihre Militärhilfe für die meisten afrikanischen Staaten reduzieren bzw. völlig einstellen und Regierungen, Rebellenarmeen und Warlords auf der Suche nach billigeren Lösungen erfinderisch werden... – sowie vom Aufleben des Brauchs der Versklavung und Verschleppung der südlichen Untermenschen in den Norden, weil die Milizionäre für ihre Kriegsdienste mit dem Recht auf Beutemachen entlohnt werden.

[16] Bereits 1998 werden in der Verfassung die Rede-, Religions- und Reisefreiheit garantiert und die Scharia als eine, aber nicht die allein mögliche Form der Rechtsprechung im Sudan definiert; die Politik des islamischen Revolutionsexports ist eingestellt und nach dem 11. September wird die Zusammenarbeit der Geheimdienste bei der Terrorbekämpfung derart intensiviert, dass Sudan im Mai 2004 von der Liste jener Staaten, die sich beim Kampf gegen den Terror unkooperativ verhalten, gestrichen wird; in jüngster Zeit lässt die CIA Meldungen über Kooperation mit Sudan in Sachen Irak und Somalia verbreiten...

[17] China erwirbt 1995 erste Öl-Konzessionen, beginnt 1997 mit dem Betrieb, baut eine Pipeline ans Meer nach Port Sudan und macht damit 1999 Sudan zum Ölexporteur. 2006 exportiert Sudan Öl in Höhe von rund 5 Mrd. $, ca. 60 % davon gehen nach China.

[18] Versöhnung, Frieden und wirtschaftliche Entwicklung sind im Sudan dringend notwendig, und unsere Nation ... ist nun in einer Position, die Führung zu stellen bei dem, was für die Beendigung des Konflikts gebraucht wird. (Gilman bei der Anhörung vor dem US-Kongress-Komitee für Internationale Beziehungen, 5.6.02)

[19] Die Afrika-Gesellschaft hat eine Transformations-Vision für Afrika, und ich möchte, dass Sie wissen, dass das eine Vision ist, die Präsident Bush und ich teilen ... Der Status quo, der diesen Krieg verursachte, war mangelhaft und fatal. Er war schon vorher zusammengebrochen – mit entsetzlichen Folgen für die Menschen. Um also zu verhindern, dass dies wieder passiert – in einem Monat oder in einem Jahr oder in einem Jahrzehnt – und um den Weg für einen wirklichen und anhaltenden Frieden festzulegen, wie wir das für den Nord- und Südsudan mit dem CPA gemacht haben, arbeiten wir jetzt daran, den Darfur-Konflikt an seinen politischen Wurzeln zu packen. ... Der im Januar 2005 unterzeichnete CPA ist die Vorlage für die demokratische Transformation des Sudan – eine, die zum ersten Mal überhaupt versucht, die zugrunde liegenden Probleme des Landes zu lösen. Der CPA schafft einen neuen politischen Rahmen – die Regierung der nationalen Einheit –, durch den die Macht übertragen und der Reichtum verteilt wird von Sudans Zentralregierung auf seine marginalisierten Provinzen im Süden. (Rice: Address to the Africa Society of the National Summit on Africa, state.gov, 27.09.06)

[20] Die NIF wird von einer radikalen Ideologie, dem Zugriff auf Reichtümer und dem Durst nach persönlicher Macht geleitet. (Statement of the Honorable Roger Winter, Former Special Representative of the Deputy Secretary of State for Sudan – Deteriorating Peace in Sudan – Hearing before the Subcommittee on Africa, Global Human Rights and International Operations – house.gov, 20.9.06)

[21] Die wichtigste Möhre ist, Beistand und Unterstützung der Vereinigten Staaten zu haben. (Press Briefing by Deputy Secretary of State Robert B. Zoellick Aboard Aircraft En Route Nairobi, Kenya, state.gov, 11.8.05)

[22] Die Ressourcen sollen so geteilt werden:

Die Konfliktparteien erhalten jeweils 50 % der Einnahmen aus der Ölförderung, abzüglich eines festgelegten Mindestanteils (2 %) für den Bundesstaat, in dem das Öl gefördert wird ... Alle ‚non-oil revenues‘ werden im National Revenue Fund (NRF) zusammengefasst, aus dem das Government of South Sudan (GoSS) 50 % der im Süden erhobenen Steuern erhalten soll. (Frieden im Sudan? Das CPA vom 9. Januar 2005, Julia Hett, 05/05, ZIF)

 Bei der Machtteilung wird es noch komplizierter:

– Es gibt eine Regierung der Nationalen Einheit (GNU), in der ein Vertreter des Südens Vizepräsident wird – und eine autonome Regierung für den Südsudan (GoSS).

– In der Zentralregierung werden 52 % der Regierungsstellen an den Norden, 14 % an die Opposition des Nordens, 28 % an die SPLA und 6  % an die restlichen südlichen Fraktionen vergeben.

– Auf nationaler Ebene hat die sudanesische Regierung 70 % der Exekutive und Legislative im Nordsudan, 20 % sind für die SPLA und 10 % für andere politische Parteien wie die Umma und die Democratic Unionist Party reserviert. Im Südsudan hat die SPLA 70 % der Posten der Legislative, und der Verwaltungsposten, während die sudanesische Regierung 10 % erhält und andere politische Parteien, incl. südlicher nicht-SPLA-Gruppierungen, 20 % bekommen.

– Und die beiden Regierungen haben jeweils eigene Streitkräfte, in die die Milizen integriert werden sollen. Außerdem gibt es zwei Rechtssysteme, die Scharia gilt nur noch für den Norden. (lt. Al Ahram vom 9.6.04/ZIF)

[23] Darüber beschwert sich der sudanesische UN-Botschafter Ukec in einem Interview vergeblich: „Wenn wir jetzt sagen, okay, verhängen wir Sanktionen gegen die Regierung in Khartum oder gegen die Regierung der Nationalen Einheit, wie wird dann die Regierung der Nationalen Einheit in der Lage sein, das ganze Land zu organisieren, die Einheit attraktiv zu machen, wenn ihr ihr die Hände bindet und gleichzeitig von ihr Leistung verlangt? Das geht so nicht.“ (Sudan media center, 18.6.07) Den Widerspruch auszuhalten, daran zu wachsen und „pro-aktive“ Folgerungen zu ziehen, gehört schließlich mit zum Auftrag.

[24] An dessen Vorgeschichte ist die amerikanische Politik gegenüber dem Sudan nicht ganz unbeteiligt: Der Islamisten-Führer und Mit-Anführer des Staatsstreichs von 1989 Hassan al-Turabi wird von Baschir mit einem ‚sanften Staatsstreich‘ entmachtet – dies sein Bauernopfer an die USA, um den Terrorismusvorwurf loszuwerden. Sie erkannten, dass der alte Mann auf der internationalen Ebene eine Belastung darstellte, da sein Name für die radikalsten und aggressivsten politischen Maßnahmen des islamistischen Regimes stand. (Gérard Prunier: Darfur – Der ‚uneindeutige‘ Genozid, 2006, S. 112) Der nun in die Opposition gedrängte Turabi bringt seine Kolonnen in Stellung, verbrüdert sich mit der SPLA, der Rebellenmannschaft des Südsudan, und betreibt Aufwiegelung in Darfur.

[25] Am 26. Februar griff ein Trupp von etwa 300 Mann mit Unterstützung von 30 Toyota ‚Technicals‘ die kleine Stadt Golu an, tötete an die 200 Soldaten und trieb den Rest der Garnison in die Flucht. ‚Wir haben zum ersten Mal den Begriff ‚Aufstand‘ gehört, das sudanesische Volk wusste daher, dass das, was in Darfur gerade vor sich ging, nicht einfach ein bewaffneter Raubüberfall oder ein Unternehmen von Wegelagerern war, wie die Regierung behauptete.‘ ... Die ‚neue bewaffnete Gruppe‘ nannte sich Darfur-Befreiungsfront. Einige Wochen später änderte sie ihren Namen in Sudanesische Befreiungsarmee (SLA), womit sie größere politische Ansprüche anmeldete. (ebd. 122f.)

[26] Die Adressaten im Ausland entdecken an diesem Verfahren nicht, wie sich die Rebellen als gelehrige Schüler westlicher Unterhändler verhalten, auf deren Eingreifen sie spekulieren – sie schaffen ihnen die Fakten und liefern dazu gleich noch die vom Westen aufgeschnappten Eingreiftitel nach –, sondern fühlen sich missbraucht. Sie halten dafür, dass die Rebellen mit der umgekehrten Reihenfolge sich einen Krieg und uns eine deprimierende Erkenntnis hätten ersparen können: ‚Es gehört zu den deprimierenden Erkenntnissen, daß die Südsudanlösung die Aufständischen in Darfur offenbar erst motiviert hat, ebenfalls zu kämpfen‘, sagt Gerhart Baum, der Uno-Sonderberichterstatter für den Sudan war, ‚sie sahen, daß man auch (!) auf diesem Weg zum Ziel kommen kann (!): Mit Krieg.‘ (Thielke, S. 97)

[27] Dieses Abkommen ist nach dem Muster des CPA verfasst – auch hier ein Wealth & Power Sharing Agreement, ebenso ein Referendum über die Frage, ob Darfur als 3 Bundesstaaten oder eine große autonome Region verfasst sein soll –, krankt daher an denselben Widersprüchen. Die Friedens-Abmachung erweist sich alsbald als völlig unhaltbar, weil der Vertrag nicht zwischen der Regierung und den Kämpfern vor Ort, sondern lediglich mit einer Rebellengruppe unterzeichnet wurde. Die übergangenen Fraktionen – inzwischen soll es mehr als 20 Gruppierungen geben – kämpfen weiter, zum einen gegen die Vertragsunterzeichner, dann aber auch gegeneinander. Jede ihrer militärischen Aktionen ist darauf berechnet, die Aufmerksamkeit der US-Chefs und Friedensstifter durch Gewaltaktionen auf sich zu lenken und übergangenen oder bestrittenen Rechtspositionen so Respekt und Berücksichtigung zu verschaffen. Der Frieden wird weiter dadurch vereitelt, dass der Regierung mit dem Abkommen die Verfolgung der meuternden Rebellengruppen untersagt ist, sie aber wenig Gründe hat, die Entwaffnung der Dschandschawid, ihrer eigenen Hilfstruppen, zu organisieren, solange die Machtfrage nicht in ihrem Sinn entschieden ist.

[28] Zur Überwachung des gesamten Friedensprozesses wird eine Assessment and Evaluation Commission (AEC) eingerichtet: Ihr gehören neben Repräsentanten der Konfliktparteien Vertreter der IGAD und der im Friedensprozess einflussreichen Gruppe der Beobachterstaaten – Großbritannien, Italien, Norwegen, USA – an ... In den Implementierungsmodalitäten zum Machakos Protocol, Vorläufer des CPA, wird die internationale Gemeinschaft als „Funding Source“ aufgeführt, so unter anderem zur Einrichtung wichtiger politischer Kommissionen, zur Vorbereitung des Referendums und der Wahlen sowie zur Rückführung und Wiederansiedlung von Flüchtlingen und den Wiederaufbau. – Für die einzelnen Abkommen zum Power und Wealth Sharing sowie für die Implementierung der Sicherheitsarrangements sind verschiedene Überwachungs- und Evaluierungs-Kommissionen gebildet, in denen die Internationale Gemeinschaft nicht nur als Geldgeber vertreten ist.

[29] USAID hat die außergewöhnliche Gelegenheit, mit neuen Regierungsorganen zusammenzuarbeiten, um eine Reformagenda zu unterstützen, die, falls sie erfolgreich ist, die außenpolitischen Interessen der USA befördert, die Stabilität nicht nur im Sudan, sondern am ganzen Horn von Afrika zu verbessern. ... Der Sudan hat eine erwiesenermaßen schlechte, nicht auf Mitbestimmung und Einbeziehung ausgerichtete Regierung. Einer der Hauptgründe des Sudankonflikts ist die historisch überkommene Konzentration von Macht und Reichtum in den Händen einer kleinen Clique in der Zentralregierung des Nordens auf Kosten der marginalisierten Mehrheit des restlichen Landes ... Die Erwartungen für eine sichtbare Friedens-Dividende sind extrem hoch, und die von USAID antizipierten Aktivitäten versuchen, das CPA mit greifbaren Resultaten zu stärken ... USAID wird den Fluss der Öleinkünfte vom Norden in den Süden verfolgen und der Regierung des Südsudan dabei helfen, einen leistungsabhängigen Hauhalt und ein Kontrollsystem für die Ausgaben aufzustellen. (USAID, Sudan, Strategy Statement 2006-2008, Dec. 2005)

[30] Aktivisten des für die Kontrolle von ‚failing‘ und ‚failed states‘ geschaffenen „Amts des Koordinators für Wiederaufbau und Stabilisierung“ geraten angesichts der Diplomatiepotenziale in dusty Darfur ins Schwärmen: Es gibt nur wenige Plätze auf der Welt, bei denen man das Potential für die Transformations-Diplomatie besser sehen könnte als in El Fascher, der Hauptstadt Norddarfurs, einer staubigen Garnisonsstadt an der Grenze. Seit dem letzten Jahr arbeitet ein Team, zusammengesetzt aus Diplomaten von der US-Botschaft in Khartum und dem Büro des Koordinators für Wiederaufbau und Stabilisierung des Außenministeriums und dem Außendienstpersonal der US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID) an der Stabilisierung der politischen, sicherheitsmäßigen und humanitären Krise und ihrer Wirkung auf die Menschen in Darfur. (First Response, Transformational Diplomacy in Darfur, US State Department State Magazine, June 2007)

[31] Vgl. zum Beispiel die UN-Resolution 1564 vom 18.9.2004 zu Darfur: ... erklärt, dass der Rat, falls die Regierung Sudans die Resolution 1556 (2004) ... nicht uneingeschränkt befolgt, namentlich falls sie bei der Verstärkung und Verlängerung der Überwachungsmission der Afrikanischen Union in Darfur nicht uneingeschränkt zusammenarbeitet, sofern dies der Rat nach Konsultationen mit der Afrikanischen Union feststellt, erwägen wird, zusätzliche Maßnahmen zu treffen, die in Artikel 41 der Charta der Vereinten Nationen vorgesehen sind, wie etwa Maßnahmen, die sich auf den Erdölsektor Sudans und auf die Regierung Sudans oder einzelne Mitglieder der Regierung Sudans auswirken.

[32] Save Darfur-Aktivisten, International Crisis Group-Analysten und andere Vordenker der Souveränität der Weltmacht haben von der eine so hohe Meinung, dass sie sie nur an selbstfabrizierten Problemen scheitern sehen. Sie verlangen von Bush, was er selber vorhat, nämlich Darfur aus den Fängen Baschirs zu befreien, und erklären sich gewisse Zögerlichkeiten aus dem ‚widersprüchlichem Konzept‘, von einem Schurkenstaat Terroraufklärung zu verlangen: Weil das Hauptaugenmerk auf der Terrorzusammenarbeit liege, würden, um die nicht zu gefährden, dem Diktator Zugeständnisse über Zugeständnisse gemacht. Kooperation bei der Terrorbekämpfung ist für Washington eine Selbstverständlichkeit und kein Grund zur Belohnung. Die einzige ‚Gefälligkeit‘, die dem Regime erwiesen wurde, war die Entfernung von der Liste der Länder, die sich im Krieg gegen den Terrorismus als unkooperativ erweisen (AP, 18.5.04). Auf der Liste der staatlichen Unterstützer des Terrorismus bleibt es.

[33] Ihr habt das ganze Fleisch gegessen und uns nur ein bisschen Suppe übrig gelassen in den schwierigsten Regionen der Welt. Nur weil wir ein bisschen an der Suppe schlürfen, werden wir scharf verurteilt. Ist das gerecht? (Der chinesische Sondergesandte für Darfur Liu Guijing auf Werbetour in den USA, Sudan Tribune, 7.9.06)

[34] Merkel: ‚Ich glaube, wir tun gut daran, das Engagement in Afrika nicht China zu überlassen, sondern auch hier Flagge zu zeigen.‘ Es gehe nicht nur um ‚karitative Argumente‘, sondern ‚wieder um handfeste Interessen der Europäer in Bezug auf Afrika.‘ (FAZ, 17.11.06)

[35] Blair schrieb an die anderen europäischen Führer, die EU solle eine ‚zentrale Rolle bei der Mobilisierung der Weltmeinung‘ bezüglich Darfur spielen. (Sudan Tribune, 18.9.06)

[36] Der Justizminister aus dem Süden vermerkt verbittert – und anscheinend in der Annahme, dass das Tätigwerden des Sicherheitsrats nur durch die Größe der Leichenberge, keinesfalls aber durch die Interessen von gegen den Sudan konspirierenden Weltmächten bestimmt und legitimiert werden sollte: Jene, die fünfzig Jahre lang gegen den Sudan in der Südfrage konspiriert haben, wollen diese Verschwörung weiter betreiben, indem sie die Darfur-Krise manipulieren. Deshalb haben sie sie auf die gleiche Ebene wie die Südfrage gehoben, die größer war, wo zwei Millionen Menschen starben und vier Millionen vertrieben wurden, aber die Angelegenheit kam nicht vor den UN-Sicherheitsrat. Aber bei Darfur hat es nur ein Jahr gedauert, und die Angelegenheit kam vor den Sicherheitsrat und internationale Resolutionen wurden beschlossen. Was auch immer der Sudan tut, die westlichen Mächte, repräsentiert durch die Vereinigten Staaten und Großbritannien, wollen den Sudan nicht in Stabilität leben lassen. (Mahdi Ibrahim, Sudan media centre, 2.6.)

[37] Dem US-Antrag, die NATO mit der Lösung des Darfur-Problems zu befassen, wird aufgrund des daraufhin ausbrechenden Führungsstreits auf prinzipiellster Ebene eine Abfuhr erteilt: Die USA sind mit ihrer Forderung gescheitert, die Transporthilfe für die Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AU) in die sudanesische Krisenregion Darfur unter das ausschließliche Kommando der Nato zu stellen. Washington hatte damit argumentiert, dass die Nato bei Einsätzen immer Vorrang vor der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik habe. Die EU müsse deswegen ihre seit Ende vergangenen Jahres laufende Mission in Afrika der Führung der Nato unterstellen. Deutschland und Frankreich, die beide Transport und Ausbildungshilfe für die Militärbeobachter der AU leisten, haben das strikt abgelehnt. (Sudan: Chronik wichtiger Ereignisse, Mai/Juni 2005, uni-kassel.de)

[38] Die Befehlskette der AU ist für die EU-Macher ansatzweise erst in Ordnung, wenn ihre politisch-militärischen, Militär- und Polizei-Experten an einer gemeinsamen AU-UN-EU-US-Einschätzungsaktion teilnehmen und beim Stiften von Wirrwarr in den Einsatzplänen mit dabei sein dürfen. (EU-Reaktion auf die Darfur-Krise, Fact Sheet des Sekretariats des Rats der EU, DAR/06, June 2006)

[39] Nach Auszug aus dem Kabinett tritt der Südpräsident Kiir eine US-Reise an, wobei er den Aufenthalt von Tag zu Tag auf über eine Woche ausdehnt. Ergebnisse der Verhandlungen werden nicht publiziert.

[40] Abgebrühte Kriegsberichterstatter kann das nicht erschüttern: vor einem Friedensschluss sei „doch immer eine Zunahme der Gewaltaktivitäten“ zu verzeichnen, weil die Kontrahenten sich eine bessere Ausgangsposition für die Verhandlungen erkämpfen wollen. Gegen den Frieden, der auf Gewalt basiert, spricht das offenbar nicht – ebenso wenig gegen dessen Arrangeure, die die Stärke der unteren Chargen taxieren und sich wenn, dann überhaupt nur von ihr beeindrucken lassen.

[41] Die UNAMID = UN+ AU in Darfur beruht auf dem zwischen den USA und China ausgehandelten Kompromiss, der sudanesischen Regierung ein Kontrollorgan unter Achtung von deren Souveränität vorzusetzen.

[42] Das Material müsste dann über Port Sudan über Land nach Darfur geschickt werden, in dem straßen- und schienenlosen Gebiet ein Wochen bzw. Monate dauerndes Unternehmen.

[43] Al Ahram, 15.-21.11.07

[44] Das AMIS-Mandat respektiert ausdrücklich die sudanesische Regierung.

[45] Es gibt eine gefährliche Proliferation in der internationalen Gemeinschaft bei den sehr gut gemeinten Vermittlungsbemühungen vieler Leute, Nachbarländer, Institutionen, Organisationen außerhalb der UN-AU-Struktur, und das führt und hat beigetragen zum ‚Forum Shopping‘ vieler Rebellengruppen. Es gibt eine Proliferation der Rebellengruppen. Manche von ihnen sind zu Banden und Kriminellen heruntergekommen. Das ist kein guter Trend in Darfur. Die Regierung der Vereinigten Staaten ist sehr besorgt darüber. Das muss jetzt aufhören. (Natsios: Press Conference on Sudan, state.gov, 17.7.)

[46] Während für die UN-Somalia-Mission statt der beschlossenen 8000 Soldaten erst 1000 bereitgestellt wurden, kann sich UNAMID über fehlende Angebote nicht beklagen.

[47] Hat Gaddafi in seiner Eröffnungsrede nicht die Partei Khartums ergriffen, indem er das Menschheitsdrama Darfur lächerlich klein geredet – bloß „ein Streit ums Kamel“ – und sich gegen die äußere Einmischung verwahrt hat, die die Rebellen so dringend wünschen?

[48] Mit einem Präsidenten, der gelobt, nicht noch ein weiteres afrikanisches Land zu führen, das ‚am Lebensmitteltropf‘ von den internationalen Gebern ‚versklavt‘ wird, hat das winzige Eritrea im letzten Jahr auf mehr als 200 Mio. $ verzichtet, einschließlich der UN-Nahrungsmittelhilfe, Entwicklungshilfedarlehen der Weltbank und karitativen Darlehen für das Gesundheitswesen und neue Straßen. – Eritrea, eine der ärmsten Nationen der Welt, kann es sich kaum leisten, nein zu sagen. Aber Präsident Isaias Afwerki verteidigt die Autarkie, auch wenn sie vorläufig zu Nöten führt. Er sagt, das sei ausschlaggebend für das Überleben seines Landes und des Kontinents. – ‚Dieses Land muss auf seinen eigenen Beinen stehen‘, sagte er in einem Interview. Fünfzig Jahre und Milliarden Dollars an internationaler Hilfe hätten wenig dazu beigetragen, Afrika aus chronischer Armut zu hieven. ‚Das sind verkrüppelte Gesellschaften‘, sagte Isaias über seine Nachbarn, die lieber auf die Geber vertrauten, anstatt ihre Wirtschaft zu entwickeln. (Los Angeles Times, 3.10.)

[49] In einer Welt, die sich in Richtung Globalisierung bewegt, wendet Eritrea sich nach innen. Es hat seine Grenzen abgeriegelt, Importe gedrosselt und einige Diplomaten und Hilfsgruppen ausgewiesen. – ‚Das ist wie selbst-verhängte Sanktionen‘, sagte ein Diplomat. ‚Sie sind dabei, zu einem Albanien oder Nordkorea zu werden.‘ (ebd.)

[50] Auf einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrats wurde laut Washington Post-Meldung beschlossen, Amerikas Alliierte in Afrika und dem Nahen Osten auf der höchsten Regierungsebene dazu zu drängen, für die Truppe Soldaten und Material zu stellen. (Sudan Tribune, 19.11.07)

[51] Statt dem geplanten Abzug der äthiopischen Soldaten rückt Verstärkung an, die Islamisten attackieren die AU – und die Hauptstadt entvölkert sich rasant.

[52] Man treibt es bis hin zu der Frechheit, die Weltmacht lächerlich zu machen mit ihren ständigen Drohungen verschärfter Maßnahmen gegen den Sudan, die zu nichts taugten, als ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben, sie auch wahrzumachen: Der Präsidentenberater Majzoub Al-Khalifa sagte, dass die Drohungen Washingtons seine Glaubwürdigkeit erschütterten, und fügte hinzu, der Sudan sei nicht darauf angewiesen, dass die USA guten Willen zeigten. (Sudan-online, 25.6.)

[53] ‚Unter Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen handelnd, beschließt (der Sicherheitsrat), dass Unamid im Einsatzgebiet ihrer Truppen und entsprechend den eigenen Fähigkeiten autorisiert ist, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um (1) ihr Personal, ihre Anlagen und Einrichtungen sowie ihre Ausrüstung zu schützen und die Sicherheit und Bewegungsfreiheit ihrer eigenen Leute sowie der Vertreter von Hilfsorganisationen zu gewährleisten; (2) die baldige und effektive Umsetzung der Darfur-Friedensvereinbarung zu unterstützen und ihre Verzögerung sowie bewaffnete Angriffe zu verhindern und somit Zivilisten zu schützen – ungeachtet der Verantwortlichkeit der sudanesischen Regierung.‘ (FAZ, 2.8.)

[54] Anders als im Fall des Irak, der über das langjährige Oil-for-food-Programm an den Rand des Ruins getrieben wurde, erfährt der Sudan zur Zeit einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung: 13 % Wachstum in diesem Jahr, zig Milliarden an Auslandsinvestitionen – offensichtlich ist „das Ausland“ nicht zum Geschäftsabbruch bereit.

[55] Natsios – Testimony before the House Committee on Foreign Affairs – state.gov, 8.2.07

[56] ... die erfolgreiche Durchführung des Umfassenden Friedensabkommens (ist) für die Beilegung der Krise in Darfur und für dauerhaften Frieden und nachhaltige Stabilität in der Region unverzichtbar...

[57] ...die entscheidend wichtige Rolle, die der Bewertungs- und Evaluierungskommission dabei zukommt, die Durchführung des Umfassenden Friedensabkommens zu überwachen sowie umfassende und uneingeschränkte Überwachung und Verifikation durch die UNMIS in der Region Abyei und schließlich gegebenenfalls Änderungen am Mandat der UNMIS ..., um sie besser in die Lage zu versetzen, den Parteien bei der Durchführung des Umfassenden Friedensabkommens behilflich zu sein.

[58] Statement of Roger P. Winter, Former Special Representative on Sudan of the Deputy Secretary of State, Before the Subcommittee on Africa, Global Human Rights and International Operations, House Committee on Foreign Affairs, January 24, 2007

[59] Mittlerweile werden sogar den Rebellen Sanktionen angedroht, falls sie nicht ihre Weigerung aufgeben, an den Friedensverhandlungen teilzunehmen.

[60] 185 000 $ abgezogen aus Fonds, die Spuren von Sudan-„relations“ aufweisen

[61] Das größte Hilfsprogramm der US-Regierung in Afrika ist im Sudan. Wir geben allein für Darfur in den letzten vier Jahren 2 Mrd. $ aus. Das ist ein enormer Geldbetrag. Ich kann hinzufügen, dass eigentlich die sudanesische Regierung ihr eigenes Volk in Darfur ernähren sollte, nicht die Vereinigten Staaten. Ich fordere die sudanesische Regierung dringend auf, mit ihrem eigenen Ölgeld gleichzuziehen mit unseren Beiträgen für das Volk in Darfur. Ich kann hinzufügen, dass die Regierung der Vereinigten Staaten zum Straßenbau im Süden beiträgt, zum Schulbau, zum Bau von Krankenhäusern, Brücken, Wasserlöchern und Wasserprojekten, zur Regierungsfähigkeit. Ich fordere die sudanesische Regierung dringend auf, dasselbe zu tun. (Natsios: Press Conference on Sudan, state.gov, 17.7.07)

[62] Stellungnahme des Honorable Roger Winter, früherer Sonderbeauftragter für den Sudan des Stellvertretenden Außenministers bei der Anhörung vor dem Unterkomitee zu Afrika über die Verschlechterung des Friedens im Sudan, 20.9.2006