Nach zwei unproduktiven Weltordnungskriegen in Irak und Afghanistan und in einer für die Weltmacht desaströsen wirtschaftlichen Verfassung in der Finanz- und Staatsschuldenkrise will Amerika seine globale Führungsrolle restaurieren und neu durchsetzen. Dafür und in diesem Sinne ruft die Obama-Regierung das 21. Jahrhundert zu „Amerikas pazifischem Jahrhundert“ aus.
Der angesprochene Ozean steht dabei einerseits für eine gigantische Wachstumssphäre und den Anspruch der US-Führungsmacht, daraus entscheidenden Nutzen zu ziehen. Dass gleich ein ganzes Jahrhundert für so ein Projekt veranschlagt wird, bezeugt den Stellenwert und epochalen Charakter, den die Weltmacht ihm zuschreibt. Neben kleineren, aufstrebenden kapitalistischen Staaten und etablierten Schwergewichten wie Japan betritt China als mächtiger Aufsteiger die Bühne und steigert die Bedeutung der Region ganz enorm. In der Summe kommt da eine ökonomische Potenz zusammen, die aus amerikanischer Sicht nicht nur ungemein attraktiv, sondern für den Fortgang des globalen Kapitalismus entscheidend ist. Dieses Potential nimmt die US-Führung für ihre eigenen Wachstumsambitionen ins Visier. Das ist die gute Nachricht, die die Führungsmacht der Welt verkündet.
Dass die USA andererseits mit ihren wirtschaftspolitischen Vorhaben in einem Atemzug die dafür fälligen strategischen Investitionen in der Region ankündigen, geht in Ordnung und wirft ein bezeichnendes Licht auf den Welthandel im Allgemeinen und Amerikas pazifisches Projekt im Besonderen. So etwas belegt nämlich den gegensätzlichen Charakter der weltwirtschaftlichen Kooperation, die im Pazifik auf größere Füße gestellt werden soll. Dasselbe Objekt, das seiner enormen Wirtschaftskraft wegen als Amerikas Chance in Anspruch genommen wird, China und sein regionales Umfeld, ist zugleich als Risiko und Gefahr im Blick. Denn der wirtschaftliche Aufschwung des Riesenreiches im Osten, der der Regeneration und dem Wachstum der amerikanischen Wirtschaftsmacht nutzen soll, liefert den Machthabern in Peking, die ganz entschieden nicht zu Amerikas Alliierten gehören, zugleich die Mittel für einen politischen und militärischen Aufwuchs, der perspektivisch das Zeug dazu hat, die US-Hoheit über den pazifischen Raum, am Ende sogar weltweit in Frage zu stellen. Das ist die schlechte Nachricht aus dem Oval Office.