Die Grünen machen ihren Spagat
Verrenkungen einer imperialismus-tauglichen Regierungspartei

Die Öffentlichkeit sorgt sich um die Verlässlichkeit der Grünen bzgl. des regierungsamtlichen Beschlusses zur Kriegsbeteiligung gegen die Taliban. Eine Partei, die Regierungsverantwortung trägt und behalten will, darf sich den Notwendigkeiten einer imperialistischen Nation nicht verschließen. Dabei darf das „grüne Profil“ der Partei gegenüber dem Wähler nicht verloren gehen; „Abweichler“ belegen, wie schwer es sich die Grünen in Kriegsdingen machen. Letztendlich beweist die Partei mit ihrer Zustimmung zum Kriegseintritt ihre Regierungs- und Imperialismustauglichkeit.

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Die Grünen machen ihren Spagat
Verrenkungen einer imperialismus-tauglichen Regierungspartei

Der amerikanische Präsident definiert den Fliegerangriff gegen die beiden Türme des World-Trade-Center in New York als Krieg gegen Amerika. Die deutsche Bundesregierung übernimmt diese Definition im Sinne eines Anschlags gegen unsere Zivilisation, erklärt Deutschland für mitbetroffen und sagt die fällige Konsequenz an: Bedingungslose Solidarität mit dem amerikanischen Volk. Kanzler und Außenminister erklären, dass diese Solidarität auch ausdrücklich militärische Mittel einschließt, wenn Amerika sie anfordert und soweit wir objektiv dazu in der Lage sind. Deutschland ist also zum Kriegseintritt entschlossen. Bei dem Entschluss, der Mitte November amtlich wird, geht es, wie der Außenminister erklärt, um die Zukunft der deutsch-amerikanischen Beziehungen und um die Stellung Deutschlands in der Welt.

Es gibt öffentliche Sorgen, die den deutschen Entschluss zum militärischen Einstieg in die imperialistische Konkurrenz von Anbeginn begleiten. Laut wird zu Bedenken gegeben, ob die rotgrüne Regierung auch stabil ist; ob nicht ein Koalitionsbruch droht; ob auf die Koalitionsfraktionen, die kürzlich noch den vergleichsweise läppischen Beschluss zum ersten Mazedonien-Mandat kaum mit eigener Mehrheit hingekriegt haben, in diesen Kriegsfragen Verlass ist, kurz: ob sie das auch leisten, wofür sie demokratisch vorgesehen sind, nämlich den gefällten Beschluss zum Krieg, der im Interesse der Nation liegt, auch regierungsamtlich einhellig festzuschreiben, wenn die parlamentarischen Spielregeln dies verlangen.

Speziell die Grünen sind Gegenstand dieser öffentlichen Sorgen. Die Partei des deutschen Außenministers und Vizekanzlers sei zerrissen, stehe womöglich vor der Spaltung; in ihr gäbe es einen radikal-pazifistischen Flügel, der sich an einem Aufstand für den Frieden versuche. Mehrere Regionalkonferenzen, dann auch die Mehrheit der Landesverbände, fassen Beschlüsse gegen eine deutsche militärische Beteiligung, und die Bedenken – trägt die grüne Partei den Kriegsbeschluss ihres Außenministers? Kann Außenminister Fischer mit dieser Partei als seiner Basis weiter regieren? Tritt er gar zurück? – eskalieren bis zum Datum des Beschlusses im Bundestag zusehends vor sich hin. Die pluralistische Öffentlichkeit kennt genau ein Kriterium, an dem für sie die Güte einer grünen Partei zu prüfen ist: Ist das auch wirklich eine Regierungspartei? Wie zum Hohn auf alle Hymnen, die über den großartigen Pluralismus von Interessen im Umlauf sind, welche von demokratischen Parteien repräsentiert und eigentlich nur zu dem vornehmen Zweck zur Regierung transformiert werden, damit die dann aus ihnen einen Kompromiss zum Wohle aller ermitteln und dem gemäß die Politik gestalten kann, stellt die demokratische Öffentlichkeit den wahren Programminhalt klar, dem die Parteien einer Demokratie zu dienen haben: Sie haben alles zu tun, was die Erfordernisse der Macht gebieten, die sie verwalten; daher als Partei auch in ihrem Innenleben dafür Sorge zu tragen, dass sie die Funktion, für die sie da sind, auch verrichten können. Und wo das demokratischer Konsens ist, lassen sich grüne Demokraten nicht bitten.

I. Der grüne Außenminister erklärt seinem Haufen die Funktion einer Regierungspartei

In der heiß diskutierten Frage, ob denn seine Partei auch in Kriegsfragen hinlänglich taugt zur Beschlussfassung über alle Notwendigkeiten, die da zum Wohl der deutschen Nation anstehen, entdeckt der deutsche Außenminister genau den Standpunkt wieder, der ihn schon seit längerem umtreibt. Dass sie darin und in nichts sonst ihren obersten Daseinszweck zu erkennen und ihm auch praktisch zu gehorchen hat: Das seiner Partei ein für allemal und möglichst abschließend klar zu machen, gehört für den grünen Nationalisten, der es zum deutschen Außenminister gebracht hat, zu den Nebentätigkeiten an der Heimatfront. Und um zum gebotenen aktuellen Anlass diese Botschaft nochmals und möglichst eindringlich loszuwerden, lässt er sich von der taz in einem Interview die Stichworte geben:

taz: „Wie wollen sie mit einer Partei weiterregieren, die es ablehnt, in einen Krieg zu ziehen?“ (taz-Interview, 29.09.01)

Sehr gut. Wenn einem die Unvereinbarkeit von Regieren und Krieg-Ablehnen so deutlich vor Augen steht wie der taz und wenn man so wie diese im grünen Außenminister den Staatsmann schätzt, der sein Amt ausübt, also regiert, und für den dabei selbstverständlich nicht irgendwelche sachfremde Willenskundgebungen seiner Partei maßgeblich sind – dann muss man genau das fragen: Wenn Herr Minister den Krieg befehlen und die eigene Partei zieht nicht mit, wie wollen Herr Minister da noch weiter befehlen können? Am liebsten hätte der Minister da einfach nur ‚Genau!‘ gesagt. Aber da er in erzieherischem Auftrag unterwegs ist, bittet er erst mal in mehrfacher Hinsicht um Nachsicht:

Fischer: „Meinen Sie, ich will in den Krieg ziehen? Meinen Sie, die Deutschen wollen das? Oder die Menschen in New York? In den USA? Durch diesen furchtbaren Terroranschlag ist uns etwas aufgezwungen worden, dem wir uns stellen müssen. Man kann sich die Herausforderungen in der Politik leider nicht aussuchen.“

Erstens wollen doch gar nicht nur die Mitglieder seiner Partei nicht in den Krieg ziehen. Eigentlich will das, menschlich-moralisch betrachtet, überhaupt niemand in der Welt. Zweitens also auch er nicht. Drittens selbst dann nicht, wenn er will, dass deutsche Soldaten in den Krieg ziehen. Dann nämlich will das viertens nur der Staatsmann in ihm, der er leider auch noch ist. Der darf auf sein moralisches Innenleben schon deswegen nicht hören, weil er nur dazu da ist, alles richtig zu machen, damit Deutschland in der Welt nicht unter die Räder kommt. Daher hat er fünftens in all seiner Freiheit der politischen Entscheidung im Grunde auch gar keine Freiheit und nichts zu entscheiden. Er dient einer höheren Pflicht, und die besteht darin, der Herausforderungen, vor die er sein Land gestellt sieht, erfolgreich Herr zu werden. Wahre Tragödien also sind es, die sich im grünen Außenminister abspielen. Aber wenn er seine innere Zerrissenheit schon so gekonnt zur Darstellung bringt und ‚leider!‘ sagt zu dem, was er für notwendig befindet und beschließt: Warum muss dann auch noch seine Partei notorisch und eben nicht immer gleich regierungspolitisch korrekt mitleiden, wenn Krieg ist, zumal sie sich in Sachen Gewalt doch mittlerweile an einiges gewöhnt haben müsste?

taz: „Und warum zerreißt es trotz dieser langjährigen Auseinandersetzung mit der Gewaltfrage die Grünen jedes Mal, wenn es um Krieg und Frieden geht?“

Also noch mal anders:

Fischer: „Die Grünen wären nicht die Grünen, wenn sie bei dieser Grundsatzfrage nicht immer wieder harte, quälende Auseinandersetzungen führen würden. Aber für mich als Außenminister wird immer das Interesse Deutschlands an erster Stelle stehen.“

Er wäre nicht er und seine Partei wäre nicht seine Partei, würden sie sich nicht alle gemeinsam und zusammen beim Entschluss zur Fortsetzung der Politik mit Waffengewalt furchtbar quälen müssen, und zwar immer dann, wenn er ansteht. Das ist bei guten Menschen nun einmal so. Es ist nur auch so – und das führt allmählich zu dem Unterschied zwischen lästigen Grünen, die ihn mit ihren Auseinandersetzungen quälen, und ihm, der sich aufs Entscheiden von Gewaltfragen konzentrieren muss –, dass die Qual dann auch wieder mal ein Ende haben muss. Und zwar eines, das ihr rückwirkend denselben Status zuweist, den das Gewissen bei ihm hat. Genau die funktionelle Balance zwischen demonstriertem Gutmenschentum und staatstragender Verantwortung, die er an sich so perfekt ausgebildet hat; dieses Purgatorium der Selbstzerknirschung, das einer wie er immer wieder durchmacht, bevor er den Anforderungen seines Berufs gewachsen ist und befreit Ja! zu allem sagen kann, was für Deutschland sein muss: Das – bestenfalls – wäre die Rolle, die parteiinterne Auseinandersetzungen nach Fischers Geschmack noch haben könnten. Er als Außenminister jedenfalls hat die Hierarchie von Macht und moralischen Bedenklichkeiten für sich abschließend geklärt, also soll seine Partei sich mit ihren pazifistischen und sonstigen Idealismen gefälligst an ihm als Vorbild orientieren und endlich einsehen, dass nicht die Auseinandersetzungen, die sie führt, die deutsche Politik bestimmen, sondern allein das deutsche Interesse, hinter dem er steht. Eine grüne Streitkultur, die sich erst gar nicht einbildet, den Kurs der Regierung auch nur irgendwie affizieren zu können, den er mit seinen Kollegen festlegt, eine Basis, die ihn an die Macht bringt und dann seine Dackelfalten als Summe und Abschluss aller Bedenklichkeiten nimmt, die über die Politik seiner Regentschaft noch statthaft sind: Das wär’s, nicht nur für ihn, das muss der Minister seiner Partei auch um ihrer selbst willen verordnen. Denn wer in Kriegszeiten den nationalen Konsens durch nörgelndes Gequatsche stört, schaufelt sich sein eigenes Grab:

Fischer: „Natürlich macht die selbstquälerische, differenzierte Debatte der Grünen einen Teil des Problems aus, das wir in der öffentlichen Wahrnehmung haben.“ (taz, 29.9.)

Und damit dieser Debattierklub das endlich einmal kapiert, diktiert ihm der Minister ein paar Fragen ins Heft, seine Funktion als Regierungspartei betreffend:

„Die Frage ist nicht mehr, ob unsere Gesinnung rein ist. Die Frage ist, ob die Regierungspartei Bündnis 90/Die Grünen in der Lage ist, die neuen Probleme zu lösen. Die Frage ist, seid ihr in der Lage, diese Probleme zu lösen, seid ihr besonnen genug, können wir euch vertrauen. Die Alternative ist eine große Koalition. Könnte die die neuen Probleme besser lösen als Rot-Grün? Ich glaube das definitiv nicht.“ (Fischer, Rede vor dem Länderrat, 6.10.)

Es kann doch nicht so schwer zu begreifen sein, dass die Bedenklichkeiten gegen Krieg und Militär dazu gut waren, die grüne Partei in den Jahren der Opposition als wählbare Alternative zu präsentieren, es also ein solches Gehabe, jetzt, wo die Grünen selbst regieren, „nicht mehr“ geben darf. Als Mitglied einer Regierungspartei hat man dem Rest der Menschheit gefälligst genau den umgekehrten Eindruck zu vermitteln, den nämlich, dass es zur Politik der Regierung keine Alternative gibt. Wenn die Regierung den Einsatz von Militär und Soldaten beschließt, weil sie zu der Auffassung gelangt ist, dass das im nationalen Interesse liegt, hat man dies, wie alles andere, was sie beschließt, als die genau richtige und einzig passende Antwort auf vorgegebene, unabweisbare und von der Regierung zu bewältigende Herausforderungen zu verkaufen. Jedes Wenn und Aber, das nicht in einem entschiedenen ‚Es muss sein!‘ endet, versaut da nur die „öffentliche Wahrnehmung“, stiftet nämlich völlig unangebrachte Zweifel an der Regierung. Am besten man schlüpft selbst hinein in den Kopf eines zu beackernden Wählers, der sich auf die Frage hat festlegen lassen: Seid „ihr“ die Richtigen, um „uns“ zu regieren? und belämmert ihn so lange mit der Auskunft, dass die anderen ‚es‘, das Regieren nämlich, auch nicht besser könnten, bis er das für vertrauenswürdig hält. Die grünen Basismenschen sollen also erstens in Gestalt ihrer Abgeordneten dafür sorgen, dass in Berlin das Regieren reibungslos gelingt, und zweitens bei ihren Wählern die Überzeugungsarbeit leisten, dass bei der grünen Partei Deutschland einfach in den besseren Händen ist. Nicht wie und wofür Grüne regieren wollen, sondern dass mit ihnen der Staat gut und in jedem Fall besser regiert wird, als die anderen es könnten: Damit sollen sie ab sofort ihre Wähler ködern. Ende der Durchsage in Sachen Krieg & Frieden.

II. Die Partei tut ihr Bestes

Schließlich steht sie vor riesigen „Herausforderungen“ und will auch genau so wahrgenommen werden, dass sie die alle durch enorme Anstrengungen vorbildlich meistert. Und was wären das für Herausforderungen? Sie ist ja so was von „zerrissen“, steht also vor der enorm schwierigen Aufgabe, einen Konsens zu finden, damit sie sich nicht spaltet und auch noch als Koalitionspartner erhalten bleibt. Man muss schon Nerven wie breite Nudeln haben, um das als den unbedingt zu verhindernden GAU zu betrachten, zu dem ein Krieg führen könnte; und zwar deswegen, weil die Regierung, die man als Partei mitträgt und keineswegs aufkündigen will, diesen Krieg gerade beschließt. Und dann will diese Partei die Verrenkungen, die sie macht, um diesen GAU zu verhindern, auch noch als Leistung gewürdigt sehen!

Eines steht jedenfalls fest: So leicht zerreißt diese Partei nichts. Zwischen was will sie denn zerrissen sein? Da sind auf der einen Seite die paar Abweichler von Fischers Generallinie, die zwar mit ihrer selbstquälerischen Tour weder das Recht Amerikas auf Selbstverteidigung noch den gebotenen Kampf gegen den Terrorismus irgendwie in Frage stellen wollen. Aber dort, wo ihr Minister das Profil der Partei in einer geschlossenen Zustimmung zum Regierungskurs verankert sehen will, sehen sie es an dieser Stelle eben doch noch anders herum. Sie fragen sich – und wollen dies allen Ernstes auch schon wieder als hochanständigen Gesinnungsakt gewertet sehen –, wie es denn ausschaut, wenn die Grünen der Beteiligung Deutschlands am Krieg zustimmen. Ihre Sorge gilt dem Bild, das die Partei von sich gezeichnet hat und das sie gerne weiterzeichnen würden. Dass das Image der Partei als einer Heimstätte aller irgendwie pazifistisch gesonnenen Menschen Schaden nehmen könnte, wenn sie einem Krieg zustimmt, das ist ihre Sorge. Und die, meinen sie, müsste in der Politik, die sie als Regierungspartei treibt, wenigstens so weit Berücksichtigung finden, dass diese Politik die wählerwerbende Selbstdarstellung der Partei nicht voll und ganz unglaubwürdig macht; wenigstens nicht in der eigenen Wählerschaft, die man braucht, will man weiter regieren.

Aber einer demokratischen Regierungspartei hat es eben nicht darum zu gehen, die Politik den Bedürfnissen der eigenen Wählerschaft anzupassen, sondern darum, den Wähler an die Bedürfnisse der von ihr betriebenen Politik zu akkomodieren. Die ‚Abweichler‘ säen also nicht nur Zweifel in Bezug auf die Tauglichkeit der Grünen als Regierungspartei. Mindestens auch noch die deutsche Verlässlichkeit in der Anti-Terror-Koalition sehen da manche auf dem Spiel stehen. Wie stehen wir denn als grüne Regierungspartei da, wenn wir nicht zustimmen?, hält man mehrheitlich den Abweichlern entgegen, denen diese Frage überhaupt nicht fremd ist, die in der aber lieber das ‚grün‘ unterstrichen hätten und ihre darin begründeten Bedenken gegen das Zustimmen zum Krieg wenigstens öffentlich sagen dürfen wollen. Und damit ist auch schon klar, was künftig das Profil dieser Partei in erster Linie bestimmen soll. Sie will mit dem Argument „regierungsfähig“ für sich werben, d.h. damit, dass sie erstens regiert, und das zweitens so professionell, wie es der grüne Außenminister vormacht, der entschlossen anpackt, was die Interessen Deutschlands erforderlich machen. Also erhalten die Abweichler im Namen des Vaterlandes Redeverbot im Bundestag und werden aus dem Parteileben ausgegrenzt, so gut es geht.

Die Mehrheit der Partei widmet sich dem Problem von vornherein in der von Fischer verlangten, daher einzig richtigen Reihenfolge und kümmert sich konstruktiv darum, wie auf Grundlage der Zustimmung zum Kriegskurs der Nation das besondere grüne Profil zum Vorschein kommt: Es gilt, Fraktion, Partei und Mitgliedschaft mit der Regierungslinie, die überparteilich für Deutschland steht, gleichzuschalten – und dabei das für die Partei entscheidende Problem in den Griff zu kriegen, weshalb Wähler im Partei-übergreifenden deutschen Konsens auch in Zukunft noch speziell die Grünen wählen sollen.

So macht sich die Partei in ihrer einzig wahren Funktion zurecht, als Transmissionsriemen der Regierungspolitik von der Fraktion über die Basis bis zum Wähler dem Minister aus ihren Reihen die Freiheiten zu verschaffen, die der zur Führung seiner Amtsgeschäfte im Interesse Deutschlands nun einmal braucht. Andererseits ist ihr aber auch mehrheitlich umgekehrt die Sorge der ‚Abweichler‘ in ihren Reihen, das speziell Grüne an den Grünen könnte verloren gehen, überhaupt nicht fremd. Und damit da nichts von dem Profil verloren geht, das man als Wahlverein, der nichts als regieren will, einfach braucht, lebt man zur Schärfung desselben möglichst öffentlichkeitswirksam und um Anerkennung heischend vor, wie schwer es sich diese Partei in Kriegsdingen macht. Das geht dann so:

Die USA führen den Krieg gemäß ihrer Zwecksetzung und den Mitteln, die sie für erforderlich halten; die deutsche Regierung ist mit dabei – und es entpuppt sich als einziger Segen, dass hierzulande auch eine Partei mit ausdrücklich pazifistischer Herkunft und Tradition die deutsche Mitbeteiligung am Krieg mitbeschlossen hat. Die kann nämlich dann auch aufpassen, dass der Krieg nicht so schlimm wird, und weil sie aufpasst, kommt es, dass er gar nicht so schlimm ist. Die Grünen sind es ja, die ganz besonders auf Besonnenheit achten und vor übereilten Reaktionen der USA warnen – und in Washington hört man tatsächlich auf sie. Lange passiert überhaupt nichts, weil die Weltmacht sehr besonnen ihre Ziele auswählt, eine internationale Allianz schmiedet und gar nicht übereilt ihre militärischen Mittel präpariert. Und als es dann los geht mit dem Krieg, zeigt sich der Erfolg der grünen Achtsamkeit sogleich – die grünmoralische Welt bekommt von den Bomben nicht eine Schramme ab:

„Nach den uns vorliegenden Informationen handelt es sich bei den gestern begonnenen militärischen Aktionen der USA in Afghanistan um Angriffe auf terroristische Ziele… Danach richten sich diese Aktionen nicht auf afghanische Städte und die afghanische Zivilbevölkerung… Alle Aktionen müssen zielgenau und verhältnismäßig sein. Wir erwarten, dass diese Kriterien der Zielgenauigkeit und Verhältnismäßigkeit der Mittel auch von den künftigen Aktionen erfüllt werden.“ (Gemeinsame Erklärung zu den militärischen Aktionen der USA in Afghanistan)

Well done, Mr. Bush, aber: Nicht daneben schießen, nicht die Falschen treffen, Bomben und Raketen bitteschön zweckmäßig wählen und einsetzen – das darf man sich als Grüner wohl auch für den Fortgang im Krieg erwarten. Von wem eigentlich? Vom amerikanischen Präsidenten vielleicht, der sich bekanntlich jederzeit als Erfüllungsgehilfe bereithält, wenn grüne Parteistrategen ihre hohen Ansprüche an seine Kriegsführung verkünden? Sei’s drum! Die Grünen arbeiten jedenfalls unermüdlich an einer Deutung des Krieges, die die Zustimmung zu ihm kompatibel macht mit den schönen Parteiideen von der friedlicheren und menschenfreundlicheren Politik, die über das Land kommt, wenn Grüne sie machen. Bei einem so sauberen und humanen und dabei auch noch so effektiven Krieg kann einfach kein Schatten auf die fallen, die ihm zugestimmt haben. Und wenn dann auf sie doch einer zu fallen droht, weil, wohl aus Versehen, in Afghanistan doch verschiedentlich jemand zu Tode kommt, so gilt es eben, die Erwartungen rechtzeitig so zu korrigieren, dass die anfallenden Leichen sie nicht blamieren:

SZ: „Die Grünen reagieren auch am heftigsten bei zivilen Opfern.“
Fischer: „Aber ich bitte Sie. Klinisch saubere Militärschläge gibt es nicht. So einen Krieg kenne ich nicht.“ (Fischer-Interview, SZ, 18.10.)

Wo gehobelt wird… – das ist klar, aber das Gebot der Verhältnismäßigkeit muss dabei unbedingt beachtet werden; dafür stehen wir Grüne wie ein Mann ein. So, arbeitsteilig eben, lässt sich der typisch grüne humanitäre Dusel auch regierungspolitisch funktionell in den Griff kriegen: Mit sachfremden moralischen Bedenken über Opfer, die ein Krieg doch womöglich kosten könnte, das Profil der Partei polieren – und regierungsamtlich mit einem Ich-darf-doch-wohl-bitten die absolute Sachfremdheit dieser Bedenken dekretieren, weil ein Krieg ohne Opfer einfach nicht zu haben ist!

Dafür ist von ihm etwas anderes zu haben, noch ein guter und wieder speziell grün-humanistisch aufbereiteter Grund für ihn nämlich. Kaum erweitert die Weltmacht ihr Kriegsziel ‚Bin Ladin – tot oder lebendig‘ um die Entfernung des Taliban-Regimes, interpretieren die Grünen dies als Auftakt – nämlich zu einem Kampf gegen die humanitäre Katastrophe, dass afghanische Frauen und Mädchen noch im Mittelalter leben! Eine Flüchtlingskatastrophe gilt es obendrein auch noch abzuwenden, und die grüne Parteivorsitzende war extra vor Ort, um dann daheim ihre abgrundtiefe Betroffenheit über dieses entsetzliche Elend der sieben Millionen Flüchtlinge äußern zu können. So weit, so schön und grün – aber dann verpatzt sie’s doch wieder. Wo regierungsoffiziell fest ausgemacht ist, dass aus humanitären Gründen Bomben fliegen müssen, möchte sie aus denselben Gründen ein gutes Wort ausgerechnet für eine Feuerpause eingelegt haben, wenigstens für eine Woche. Damit vertut sie sich allerdings schwer, denn das ist nun einmal nicht die Regierungslinie:

SZ: „Die Vorsitzende ihrer Partei fordert eine Aussetzung der Bombardements in Afghanistan. Sie möchte zunächst die Lösung der humanitären Katastrophe in den Vordergrund stellen. Teilen Sie diese Haltung?“
Fischer: „Die humanitäre Frage ist mitentscheidend für den Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus. Diese Haltung teile ich mit Frau Roth. Aber ich ziehe daraus einen anderen Schluss. Die katastrophale Lage der Zivilbevölkerung und von Millionen Flüchtlingen ist nicht erst seit dem 11. September eine Realität. Es gibt sie seit Jahren und seit Jahren wurde sie in der Öffentlichkeit des Westens weitgehend ignoriert. Das Kernproblem in der Beseitigung dieser humanitären Katastrophe ist die Herrschaft der Taliban. Wenn man das Elend wirklich beenden will, dann muss man andere politische Verhältnisse herbeiführen. (…) Wenn man schnell humanitär helfen wollte, dann müsste man eher alles versuchen, um das Taliban-Regime noch schneller zu beseitigen. Ich denke jedenfalls, dass es keinen humanitären Gewinn brächte, die Bombardements jetzt zu unterbrechen. Das würde die Taliban nur stärken.“ (SZ, 18.10.)

Taliban weg!, das ist das wahrhaft humanitäre Ziel, der möglichst gnadenlose Bombenkrieg, der sie weghaut, die wahrhaft humanitäre Tat, und allein in der Bundesregierung, die für beides ist, sitzen die wahren Humanisten. Die von der lieben Frau gewünschte Feuerpause ist zwar Ausdruck eines tiefempfundenen, ehrlichen Engagements (Fischer, ebd.), aber wenn sie meint, sie als Parteivorsitzende der Grünen sei auch irgendwie für die Richtlinien der deutschen Politik zuständig, hat sie sich geschnitten. Der Kanzler erlässt unter Hinweis auf die Kompetenz, die ihm sein Amt verleiht, ein Kritikverbot an der amerikanischen Kriegsführung; und sein grüner Vize assistiert ihm: kein deutscher Sonderweg – als hätte die Parteifrau den überhaupt beantragt und etwas anderes unternommen als den Versuch, durch einen Antrag auf eine Atempause beim Bombardieren der parteigenehmen Deutung, derzufolge Grüne auf die Menschenfreundlichkeit beim Bombardieren achten, wenigstens ein bisschen Material zur Beglaubigung zu verschaffen. Aber schon das ist in einem Deutschland, das in einen Krieg einsteigen will, unerträglich, und, ehrlich deutsch wie politisch engagiert, wie sie nun einmal ist, sieht die Frau das auch sogleich ein. Mit einem kleinen Rückzugsgefecht – man wird doch noch mal sagen dürfen, sie lässt sich den Mund nicht verbieten und sich verbiegen schon gar nicht – leistet sie ihren Beitrag zur Formierung eines politischen Konsenses, bei dem allein schon der Anschein einer abweichenden Meinung gegen die Kabinettsdisziplin verstößt, dieser Verstoß wiederum beinahe schon an Vaterlandsverrat grenzt – und daher einfach nur noch mit dem Bekenntnis zur im Vaterland geltenden politischen Meinung aus der Welt zu schaffen ist: Fortan ist Frau Roth damit beschäftigt, möglichst glaubhaft zu versichern, dass sie die bedingungslose Solidarität mit den USA im Kampf gegen den Terrorismus nicht in Frage stellt, und im übrigen damit, sich mit ihrem moralischen Engagement dort einzureihen, wo sie mit ihm hingehört. Hinter Fischer nämlich, der seiner Parteivorsitzenden gerne nochmals erläutert, dass und wie er da alles richtig macht:

SZ: „In ihrer Partei gibt es doch vor allem Unwohlsein mit den Mitteln zur Bekämpfung des Terrors.“
Fischer: „Wenn es um Krieg und Frieden geht, müssen immer wieder kritische Fragen gestellt werden. Die Grünen tun sich zurecht schwer mit Militäreinsätzen… Und es ist auch gut, dass es eine Partei gibt, die es sich auferlegt, diese Schwierigkeiten mit den harten politischen Realitäten zu verbinden. Bei anderen Parteien findet das – wenn überhaupt – nur unter der Oberfläche statt.“ (Fischer-Interview, SZ, 18.10.)

Der deutsche Wille zum Krieg steht fest, das ist hart, aber politisch real, und wenn die Grünen zuerst die harten politischen Realitäten respektieren, dürfen sie anschließend oder auch daneben ihre Schwierigkeiten gerne mit ihnen verbinden:

„Kritische Solidarität statt Ja und Amen.“ „Aus unserer Mitgliedschaft, unserer Wählerschaft und weit darüber hinaus sehen wir uns mit ganz widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert. Einerseits gibt es die Forderung, Nein zu sagen zu militärischer Eskalation. (…) Andererseits halten viele Grüne den Einsatz militärischer Mittel im Kampf gegen den internationalen Terrorismus für notwendig. Es gibt überdies die Erwartung, dass wir in der Bundesregierung gestaltenden Einfluss nehmen, dass vor allem Joschka Fischer seine Bemühungen um politische Lösungen im Sinne unserer grünen Grundsätze fortsetzt. (…) Für Bündnis 90/Die Grünen gibt es nur eine Möglichkeit diesen Erwartungen gerecht zu werden. Wir müssen den Spagat aushalten.“ (Beschluss des 28. Parteirats, 12.11.)

Und warum „müssen“ „wir“ das? Hat vielleicht irgendjemand von den Grünen verlangt, einen Spagat hinzukonstruieren zwischen ihrem regierungspolitischen Ja zum Krieg und dem aus Profilgründen gebotenen Nein zum Krieg? Einerseits ein klares Ja und Amen zu Josef Fischer, der als Grüner in der Regierung ja nichts anderes tut, als grünen Grundsätzen zu dienen, und insofern das Profil der Partei ist; Ja und Amen daher auch zum Krieg, weil, wenn die Grünen mitregieren, der Kampf gegen den Terror eben auch ein speziell grünes Anliegen ist und so nur zusätzlich das Profil der Partei schärft; andererseits dieses Ja und Amen aber nur in kritischer Solidarität mit der abweichenden Minderheit derer, die noch immer der Auffassung sind, das unverwechselbar grüne Profil wäre besser durch ihr Nein zum Krieg repräsentiert – die Grünen machen nicht nur diese Verrenkung. Sie geben auch noch damit an und wollen es honoriert bekommen, dass sie sie hinbekommen. Deswegen tun sie glatt so, als würden sie dabei im höheren Auftrag handeln. In diesem Sinne delegiert die Partei die Herausforderung, ihren Spagat hinzukriegen, an die Abgeordneten im Parlament:

„In der Grundhaltung kritischer Solidarität empfehlen wir … die Zustimmung zum militärischen Beitrag der Bundesrepublik Deutschland im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Wir respektieren diejenigen, die zu einem anderen Ergebnis kommen.“

Die Abgeordneten sollen in Sachen Krieg und Frieden, gefälligst hinbekommen, was die Partei sich wünscht: Das Profil eben, als grün lackierte Staatspartei reif fürs Weiterregieren Deutschlands zu sein.

III. Der krönende Abschluss im Bundestag: Die Zustimmung der Grünen zum Kriegseintritt Deutschlands

Das Datum, an dem im Bundestag über den Antrag der Regierung zur Entsendung von Soldaten abgestimmt wird, rückt näher, und zunächst scheint es so, als bliebe den handgezählten 5-8 hartnäckigen ‚Abweichlern‘ in den Reihen der grünen Fraktion die Stunde der Wahrheit erspart – dank einer für sie günstigen Konstellation im Parlament. Da die Opposition in dieser für die Nation so wichtigen Frage nicht gegen die Regierung stimmen will, hängt vom Votum dieser unbelehrbaren Minderheit die Annahme des Antrags nicht ab: Die Parlamentsmehrheit für einen Kriegseintritt Deutschlands wäre gesichert, ein imperialistischer Fortschritt gemacht und die Regierung weiter im Amt – auf der Grundlage melden sich weitere ca. zwei Dutzend Volksvertreter aus den beiden Koalitionsfraktionen mutig zu Wort, die aus ihrer Herkunft aus der Friedensbewegung auch keinen Hehl mehr machen wollen und ankündigen, daraus eventuell ihr Abstimmungsverhalten ableiten zu wollen. Mit dem Makel, dass ihre Regierung im Parlament in der speziellen Frage eine Mehrheit, wenn auch keine eigene, zustandebringt, können sie im äußersten Fall leben. Nicht aber der Kanzler.

Der will es nicht auf sich sitzen lassen, dass er nicht aus eigener Machtvollkommenheit heraus regiert, erst recht nicht will er der Opposition den Triumph gönnen, sich in der entscheidenden Stunde eben doch als die verlässlichere nationale Kraft zu profilieren – und das, wo er sich schon mit stolzgeschwellter Brust den Satz tun sieht, dass sich die Deutschen immer schon auf uns Sozialdemokraten haben verlassen können. Und vor allem: Damit, dass in den Reihen seiner eigenen rot-grünen Koalition noch kritische Maßstäbe gegen seine Politik unterwegs sind, will er endgültig aufräumen. Er verknüpft daher die Abstimmung über den Entsendungsantrag mit der Vertrauensfrage, macht damit den Fortbestand der rot-grünen Regierung davon abhängig, dass die sie tragenden Fraktionen sich geschlossen hinter den Kriegskurs der Regierung stellen – und sofort macht das böse Wort von der Erpressung die Runde. Da hätte man schon gerne erfahren, wen der Kanzler da eigentlich mit was wozu ‚erpresst‘ haben soll. Die ‚Vergewaltigung‘ besteht in der Verknüpfung, dass, wer regieren will, schon auch voll und ganz hinter dem Programm stehen muss, worin das Regieren einer imperialistischen Nation besteht. Vergewaltigt fühlen sich ein paar hochanständige Parlamentarier, die um keinen Preis diesem Geschäft eine Absage erteilen wollen, auch dann nicht, wenn das darin besteht, die Nation kriegstauglich zu machen; die aber bei all dem, was die von ihrer Partei mitgetragene Regierung in dem Zuge erledigt, im Namen ihrer schönen Parteiideale weiterhin glaubhaft Distanz demonstrieren möchten wenigstens zu einem ausgewählten, gar so unschönen Beschluss. Die beschweren sich nun, dass man sie dazu drängt, aus ihrem Gewissen eine Mördergrube zu machen – welches ihnen wahrscheinlich rein zufällig haargenau an dem Punkt einfällt, an dem sie eingedenk all dessen, was sie als grüne Regierungspartei mitverantworten, nicht mehr recht wissen, wie sie sonst noch die Botschaft ihrer Partei an den Mann bringen sollen, dass es immer noch besser ist, wenn Leute wie sie regieren. Von ihnen fordert der Kanzler und mit ihm sein grüner Außenminister ein Bekenntnis – nämlich zu sich. Sie sind aufgefordert, sich endlich offen zu einer Entscheidung zu bekennen, die sie für sich längst praktisch getroffen haben: dass Parteiideale die Politik einer Regierungspartei nicht bestimmen können, sondern das rechtfertigende und berechnend einzusetzende Beiwerk zur Ausübung der Staatsgewalt sind, zu der man sich als Partei schließlich hat ermächtigen lassen.

So kommt für die letzten Vertreter des radikal pazifistischen Flügels der Grünen Partei dann doch noch die Stunde der Wahrheit. D.h. beinahe. Denn so leicht geben die nicht auf; erpressen lassen sie sich nicht – zur Kündigung der Koalition nämlich; am Ende findet der Krieg ohne sie statt, da ist es doch besser, wenn er von einer Regierung gemacht wird, an der eine Partei beteiligt ist, in der Leute wie sie sind. In aufreibenden nächtlichen Sitzungen sinnen sie daher auf ein Verfahren, durch das sich das Problem, vor das sie sich gestellt sehen, doch noch bewältigen ließe: In der seltenen Lage, einen Kriegsbeschluss zu Fall bringen zu können, stellen sie sich die Aufgabe, wie ganz speziell sie durch ihre Zustimmung diesem Beschluss die Kanzlermehrheit sichern können, ohne die es mit der grünen Regierungsverantwortung vorbei ist, und wie sie es gleichzeitig hinkriegen, ihre Ablehnung desselben Beschlusses zum Ausdruck zu bringen, ohne die ihnen das Profil der grünen Partei nicht mehr scharf genug erscheinen will. Unter dem Druck der Parteibasis, die sie zum Durchhalten auffordert und daran erinnert, dass die Partei sie nicht zum Aufkündigen der Koalition ins Parlament delegiert hat, beschließen sie, das ihnen zugestandene Kontingent von 4 Nein-Stimmen als den vollwertigen Ausdruck ihrer 8 ablehnenden Voten zu nehmen, so dass die 4 Ja-Stimmen freiwerden, die es zur Fortsetzung der Koalitionsregierung braucht.[1]

Enorme Erleichterung macht sich breit; zumal auch noch das Kriegsglück zu Hilfe kommt und Gelegenheit zu der beruhigenden Interpretation bietet, dass die Soldaten, die man bereitgestellt hat, vielleicht gar nicht wirklich in den Krieg ziehen müssen. Eine strategische Meisterleistung, befindet Antje Vollmer selten gut gelaunt. Es ist geschafft! Die Regierung ist im Amt; die Partei ist auf Linie. Sie hat den Übergang zu einer Regierungspartei hingekriegt, die den imperialistischen Aufbruch Deutschlands mitträgt. Und das ist enorm wichtig, weil sonst in Deutschland ja nicht mehr sozial und ökologisch weiterregiert wird! Jetzt heißt es: Nicht mehr hinter den erreichten Stand zurückfallen und ihn auf den kommenden Parteitagen festklopfen. In Rostoch findet die Parteivorsitzende genau den richtigen Ton. Sie macht auf die enorme Herausforderung aufmerksam, die die Zustimmung zum Krieg gerade für Grüne darstellt. Ja, Militaristen und Nationalisten, die tun sich da leicht! Aber wir mit unserer pazifistischen Tradition und letztlich immer noch fundamental kriegs-und militärkritischen Gesinnung – kann man das mal gewürdigt kriegen, dass das eine besondere Leistung von uns ist!

[1] Kleiner Scherz am Rande: Westerwelle von der FDP wirft diesen grünen Abgeordneten prompt Verrat an ihrer Moral vor und bietet denen, die sich da seiner Auffassung nach geradezu unverschämt unanständig haben erpressen lassen, weil sie auch nur an ihren Dienstautos und Parlamentarier-Diäten hängen, im nächsten Atemzug die FDP als eine neue, für sie viel passendere politische Heimat an. Die sind so wie wir, obwohl sie immer was besseres sein wollten, lautet der Vorwurf. Gut gegeben!