Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Deutsche Waffen für Saudi-Arabien? Ja + Aber = Aber immer!

Die deutsche Regierung beantwortet die Anfragen des saudischen Königreiches wegen der Lieferung von 200 deutschen Kampfpanzern der Marke Leopard 2 und der Technologie zur Lizenzproduktion deutscher Sturmgewehre positiv und hält den Deal unter der Decke regierungsamtlicher Verschwiegenheit. Irgendwie kommt’s doch heraus, die Opposition ist demonstrativ empört und eine Weile lang diskutiert die Öffentlichkeit an- bis aufgeregt über Pro und Contra von Waffenexporten und -lizenzen für die arabische Welt.

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Systematischer Katalog
Länder & Abkommen

Deutsche Waffen für Saudi-Arabien? Ja + Aber = Aber immer!

Die deutsche Regierung beantwortet die Anfragen des saudischen Königreiches wegen der Lieferung von 200 deutschen Kampfpanzern der Marke Leopard 2 und der Technologie zur Lizenzproduktion deutscher Sturmgewehre positiv und hält den Deal unter der Decke regierungsamtlicher Verschwiegenheit. Irgendwie kommt’s doch heraus, die Opposition ist demonstrativ empört und eine Weile lang diskutiert die Öffentlichkeit an- bis aufgeregt über Pro und Contra von Waffenexporten und -lizenzen für die arabische Welt. Die FAZ bietet im Streit der Meinungen folgende Entscheidungshilfe:

„Waffen für Saudi-Arabien? Das ist nichts Neues. Nicht nur die schwarz-rote, auch die rot-grüne Koalition hat das autoritäre Regime in Riad beliefert. (…) Es ist sicher nicht im Sinne solcher Exporte, dass Sturmgewehre deutscher Herkunft anschließend im Internet angeboten werden. Doch zeigt sich hier ein grundsätzliches Dilemma. Man stabilisiert lieber ein fragwürdiges Regime, als dass man eine Region den extremistischen Kräften überlässt. Und wenn solche Staaten schon mit Waffen unterstützt werden müssen, warum sollen es dann nicht deutsche sein? Mit guten Gründen muss Sinn und Zweck der Ausfuhr von Panzerfahrzeugen und Sturmgewehren an den Golf immer wieder bezweifelt werden. Doch wenn sogar die langjährige Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. (SPD) das alles letztlich immer mitgetragen hat – dann geht es wohl nicht anders.“ (FAZ, 13.8.11)

Erstens erfahren wir, dass Waffen für Saudi-Arabien nichts Neues sind, die Angelegenheit also keine besondere Aufregung wert ist. Ohne nähere Befassung mit den Gründen und Absichten deutscher Außenpolitik steht so über deutsche Waffenexporte an die Saudi-Prinzen schon einmal fest: Verkehrt können sie unmöglich sein. Das sieht man auch daran, dass solche Exporte nicht nur seit langer Zeit, sondern auch von allen jeweils regierenden Koalitionen quer durch das demokratische Farbenspektrum – rot-grün, schwarz-rot, schwarz-gelb – genehmigt worden sind. Irgendwie scheinen sie zum Wesen deutscher Politik zu gehören.

Zweitens aber zeigt sich in ihnen ein grundsätzliches Dilemma: Das Empfängerland der deutschen Waffen ist nicht so astrein, wie es sein sollte. Autoritär wäre das dort herrschende Regime, fragwürdig sogar – inwiefern, braucht man schon wieder nicht zu wissen, weil man die Hauptsache ja erfahren hat: Irgendwie passt es nicht so perfekt zum Sittenkodex guten Regierens, an dem sich der Exportweltmeister bei der Auswahl seiner Handelspartner bei diesem speziellen Warensortiment angeblich zu orientieren pflegt.

Drittens zeigt sich an diesem Dilemma, dass es gar kein Dilemma ist, weil für deutsche Waffenexporte ein ganz spezielles Sittengesetz einschlägig ist. Eine Region nicht extremistischen Kräften überlassen, heißt das weltpolitische Gebot, dem man in Deutschland lieber gehorcht, woraus sich schon wieder ohne nähere Befassung mit irgendetwas Bestimmtem eines mit Bestimmtheit folgern lässt: Gegen Kräfte, die Stabilität gefährden, helfen nur überlegene Kräfte, die stabil sind. Ein autoritäres Regime ist zweifellos eine diesbezüglich vielversprechende Kraft, also müssen auch solche Staaten wie Saudi-Arabien stabilisiert und das heißt eben mit Waffen unterstützt werden.

Viertens ist damit klar: Wenn Deutschland um Stabilität besorgt ist und die es ist, die Waffen braucht – warum sollen es dann nicht deutsche Waffen sein, die dem guten Zweck dienen? Die Lage so zurechtgelegt, ist dafür in der Tat weit und breit kein Grund in Sicht – dafür allerdings, weshalb es dann unbedingt deutsche Waffen am Golf braucht, auch nicht, und es gibt sogar, hört man vom Mann der FAZ, gute Gründe, Sinn und Zweck ihres Exports dorthin zu bezweifeln. Nicht, dass er sie vertreten würde. Von ihnen muss man auch schon wieder keinen einzigen ernst oder überhaupt nur zur Kenntnis nehmen, weil es auf den Sinn und Zweck dieses Bezweifelns ankommt. Auch das ist bei deutschen Waffenexporten nichts Neues ist und gehört bei ihnen einfach dazu, denn das ist ja das Schöne dieser Sorte Kritik: Gerade um jeden Zweifel an seinem grundsätzlich gerechtfertigten Sinn und Zweck wirkungsvoll zu erledigen, muss man bei jedem Waffenexport immer wieder dieselbe Sinnfrage aufwerfen – und sich von der politischen Praxis immer wieder von neuem darüber belehren lassen, dass sie die allerbesten Gründe für sich auf ihrer Seite hat. Und so macht man oppositionelle Nörgelei am Regierungskurs, die man nicht leiden kann, dann endgültig mundtot: Man zitiert die traditionelle Obernörglerin, die man bei der FAZ noch nie hat leiden können, als Kronzeugin der eigenen Auffassung – und wenn sogar die Rote Heidi zu deutschen Waffenexporten an den Golf immer ihren Segen gegeben hat, dann geht es wohl nicht anders und gibt es zu ihnen einfach keine Alternative. Q.e.d.