Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Der Fall Uli Hoeneß
Menschliche Tragödie im Spannungsfeld von Moral, Staat und Finanzkapital

Der Vater Teresa vom Tegernsee, der Nelson Mandela von der Säbenerstraße (Rummenigge definiert Hoeneß) stolpert über unversteuertes Geld in der Schweiz, und die Öffentlichkeit gibt sich mehrheitlich enttäuscht bis empört. Denn mit dem Ruchbarwerden seiner Steuersünde sollen sich gute Deutsche – vom Kanzleramt bis zur Südkurve – noch um etwas viel Wertvolleres betrogen sehen, als um ein paar lumpige Steuermillionen: Das deutsche Gemeinwesen sei um eine moralische Instanz ärmer geworden, so der öffentliche Tenor. Unter dem Blickwinkel der gerechten Entrüstung über das Verbrechen, als Vorbild versagt zu haben, verkommen freilich die unterschiedlichen Aspekte des Steuerzahlens, das der staatliche Aufseher den entsprechenden Charakteren seiner Geldwirtschaft abverlangt, zum bloßen Material, an dem das einfache Volk sein Recht auf moralische Lichtgestalten einklagen darf und soll. Dass bei dieser Subsumtion des Steuerrechts unter das Bedürfnis, zu herausgehobenen Mitbürgern wie Uli Hoeneß aufzuschauen, ein heilloses Durcheinander zwischen der Sache und ihrer moralischen Sichtung entsteht, stört die begeisterte Debatte über die berechtigte Enttäuschung offensichtlich überhaupt nicht; ganz im Gegenteil. Deswegen ein paar Angebote zur Sortierung.

Aus der Zeitschrift
Systematischer Katalog
Länder & Abkommen

Der Fall Uli Hoeneß
Menschliche Tragödie im Spannungsfeld von Moral, Staat und Finanzkapital

Der Vater Teresa vom Tegernsee, der Nelson Mandela von der Säbenerstraße (Rummenigge definiert Hoeneß) stolpert über unversteuertes Geld in der Schweiz, und die Öffentlichkeit gibt sich mehrheitlich enttäuscht bis empört. Denn mit dem Ruchbarwerden seiner Steuersünde sollen sich gute Deutsche – vom Kanzleramt bis zur Südkurve – noch um etwas viel Wertvolleres betrogen sehen, als um ein paar lumpige Steuermillionen: Das deutsche Gemeinwesen sei um eine moralische Instanz ärmer geworden, so der öffentliche Tenor. Unter dem Blickwinkel der gerechten Entrüstung über das Verbrechen, als Vorbild versagt zu haben, verkommen freilich die unterschiedlichen Aspekte des Steuerzahlens, das der staatliche Aufseher den entsprechenden Charakteren seiner Geldwirtschaft abverlangt, zum bloßen Material, an dem das einfache Volk sein Recht auf moralische Lichtgestalten einklagen darf und soll. Dass bei dieser Subsumtion des Steuerrechts unter das Bedürfnis, zu herausgehobenen Mitbürgern wie Uli Hoeneß aufzuschauen, ein heilloses Durcheinander zwischen der Sache und ihrer moralischen Sichtung entsteht, stört die begeisterte Debatte über die berechtigte Enttäuschung offensichtlich überhaupt nicht; ganz im Gegenteil. Deswegen ein paar Angebote zur Sortierung.

1

Recht besehen hat nämlich nicht der Mann einen Übergang gemacht, sondern der Staat. Der hat das Privileg seiner Geldbesitzer, sie nicht wie den Normalverdiener an der Quelle zu besteuern, ein Stück weit relativiert und nach einigen Übergangslösungen eine Abgeltungssteuer für Kapitalerträge eingeführt, die mit fixer – dafür verhältnismäßig moderater – Steuerquote vom depotführenden Finanzinstitut an den Fiskus abzuführen ist. Dafür erspart er den Reichen die Mühe, ihre Kapitaleinkünfte bei der Einkommenssteuererklärung selber angeben zu müssen. Die Absicht wurde auch gar nicht verheimlicht: Die Verfügung über ihr Vermögen, die Geldbesitzern unbedingt einzuräumen ist, beinhaltete die Freiheit, dass damit auch ein Teil ihrer Steuerbelastung ihrer Steuerehrlichkeit anheimgestellt ist. Sein großzügiges Arrangement mit den dabei eingeschlossenen Kavaliersdelikten mag sich der Staat in Zeiten seiner prekären Verschuldungslage nicht mehr leisten. Sehr schlicht und unmittelbar will er mehr Steuergeld für seinen Staatshaushalt akquirieren. Dazu regelt er das Bankgeheimnis neu, soweit es seinen steuerlichen Zugriff behindert, und kriminalisiert die einschlägigen Anlagestrategien zur Steuervermeidung als Rechtsverstöße. Es reißen neue Sitten ein – für Reiche.

Dass denen auf die Zehen gestiegen wird, darf der einfache Steuerzahler als Dienst an seiner Steuerehrlichkeit sehen, gegen die der kleine Mann zwar gar nicht verstoßen kann, was dafür umso mehr den Fanatismus der ideellen Steuerfahnder auf Gleichbehandlung anstachelt. Zum Zwecke der Entlarvung der ganz anderen Steuerbürger wird das Publikum ausgiebig in die Welt des Reichtums geführt und in die speziellen Nöte eingeweiht, die einem aus Millionen auf dem Konto so erwachsen. An Steuerfällen wie dem von Uli Hoeneß und seinen Millionen wird haarklein ausgebreitet, dass Steuern bei den Reichen nach wie vor etwas ganz anderes sind und auch etwas ganz anderes besteuern als beim einfachen Steuerbürger. So werden die Feinheiten der steuerlichen Sonderbehandlung, der Strafbefreiung durch Selbstanzeige bis hin zu den Fallen des Kleingedruckten, vorgestellt, was niemand als Steuerberatung des kleinen Mannes missversteht. Denn selbstverständlich kann diese Steuersünde nur einer ganz bestimmten Oberschicht unterlaufen. Das Vermögen, das sich in deren Bankdepots aufhält und dort vermehren soll, muss schon groß genug sein, dass es sein Eigentümer trotz gehobener Ansprüche keinesfalls zum Leben benötigt – Spielgeld in der Sprache des Herrn Hoeneß. So wird ausführlich darüber aufgeklärt, dass davon Steuern einzuziehen nicht die Besteuerung von Lebensnotwendigem ist, sondern Abzug vom Überfluss, dessen Einsatz für das Wachstum so dringend benötigt wird, was dessen bisherige schonende steuerliche Behandlung verständlich macht. Da arbeitet ja auch nicht der Uli, sondern er lässt arbeiten: zunächst sein Geld auf der Bank, mit dem die ihre Finanzgeschäfte macht und am Ende auch die kreditiert, die für ihren Gewinn wirklich arbeiten lassen. Wie dabei der Arbeitsmann und sein Einkommen mitspielen, selbst das wird in der causa Uli Hoeneß dem Publikum dargeboten – passenderweise mit den vom Band eingespielten Talkshow-Lehren des ehedem hochverehrten nationalen Vorbilds: Fleißig sein und Lohnzurückhaltung üben, was sonst! Mitten in der schönsten Häme blitzt der ziemliche grundsätzliche Unterschied zwischen Lohn- und Kapitaleinkommen auf. Dieses negative Verhältnis von Arbeit und Reichtum wird dann freilich nicht weiter verfolgt, dafür umso zielsicherer eine ganz andere Scheidung vollzogen: Hat der reiche Mann von seinem Gewinn die fälligen Steuern abgeführt? Wenn nicht, ist er als gieriger Zocker entlarvt und damit moralisch ausgebürgert, andernfalls als ehrenwerter Investor in den großen ideellen Bund der Steuerzahler eingemeindet. Zahlt einer ordentlich seine Steuern wie wir, dann ist er einer wie wir, obwohl er überhaupt keiner ist wie wir.

Mit dieser klaren Linie der Steuermoral als einigendem Band der Klassen kann, darf und soll der zwangsweise brave Steuerzahler bei der Jagd nach dem von ihm schon immer vermuteten Missbrauch der Freiheit seiner Geld- und Arbeitgeber mitfiebern. Und siehe da, selbst zu der doch eher komplexen rechtsphilosophischen Frage hat er seine fein abgestimmte Meinung, ob der oberste Hüter des Rechts sein eigenes Recht überhaupt brechen darf und ab wann der behördliche Ankauf von CDs mit geklauten Bankdaten durch noch höhere Werte geheilt gilt.

Auf dieser fünften Etage diskutieren Öffentlichkeit und ihr Publikum ein zweites Moment, das den sachlichen Gehalt der Steuersache betrifft.

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Beim Schließen der Steuerschlupflöcher kommt den Staaten die spezielle Sitte der Geldbesitzer ins Visier, ihr Vermögen im Ausland steuerschonend anzulegen. Die zwecks Eroberung der Weltmärkte organisierte und freigesetzte Globalisierung des Kapitals schloss die bis gestern noch mehr oder weniger wohlwollend geduldete Nutzung sogenannter Steueroasen durch das international agierende Finanzkapital mit ein. Diese Duldung kommt mit der Schuldenkrise, die sich die Staaten bei der Rettung desselben eingebrockt haben, aus der Mode. Der unmittelbare Angriff von den maßgeblichen Staaten der Welt auf Bankgeheimnis und Steuerhoheit altbekannter auswärtiger Souveräne beansprucht dabei unmissverständlich den Zugriff auf das dort engagierte Geld, das ab sofort der eigenen Nation in zweifacher Hinsicht als vorenthalten, also heimzuholen gilt: Das Geldkapital selbst gehört in die nationalen – in unserem Fall die deutschen – Banken, also in den eigenen Finanzplatz; und das, was dem Staat nach eigenem Ermessen davon an Abgaben zusteht, gehört unter die Hoheit des eigenen Staats. Dieser Angriff auf die auswärtigen Finanzplätze schließt zugleich die Bestreitung der steuerlichen Früchte, die die fremden Staaten mit ihren Finanzmodellen erzielen konnten, als ungerechtfertigte Vorteile mit ein. Die finanz- und außenpolitischen Fachleute dieser internationalen Krisenkonkurrenz diskutieren dabei öffentlich, ob sie die beabsichtigte Bereicherung des eigenen Standorts auf Kosten der anderen mehr mit offenem erpresserischem Druck oder eher einvernehmlich am Verhandlungstisch erreichen. So wird den verehrten Verhandlungspartnern schon vorab klargemacht, wer hier wem Feuer unter dem Hintern zu machen in der Lage ist und wem das Ergebnis dieser zwischenstaatlichen Steuerabmachungen zu nützen hat. Nicht zuletzt sind auch entscheidende Fragen des Euro betroffen: Wer seinen Staatshaushalt auf diese Art näher an die gemeinsamen Maastrichtkriterien heranschiebt, akkumuliert – schon wieder – Rechtstitel aufs innereuropäische Vorschriftenwesen in Sachen Haushaltskonsolidierung.

Auch auf diesen Zugewinn an Reichtum und Macht des Staates in der imperialistische Krisenkonkurrenz stimmt die Öffentlichkeit die Nation mit dem spannenden Drama samt Starbesetzung ein: Mit Uli Hoeneß bekommt dieses auslaufende Geschäftsmodell ein prominentes Gesicht. An ihm wird die behördliche Verfolgung der unversteuerten Auswärtsspiele als Serviceleistung am Gerechtigkeitsempfinden des standortgebundenen Arbeitsvolks vorstellig gemacht, das eben nur zu Urlaubszwecken die Heimat verlässt und dem deswegen die Nation eine Wiedergutmachung von höherstehendem, immateriellem Wert schuldet: die standesgemäße Bestrafung der vaterlandslosen Gesellen. Engagiert darf Stellung bezogen werden, welche Variante dabei der verletzten Sittlichkeit am ehesten Genugtuung leistet: der vom Bundesrat gekippte Regierungsvorschlag eines Abkommens mit der Schweiz, das zwar den Reichen jetzt mehr abgenommen hätte, das dafür aber die Anonymität der Steuerdelinquenten beibehalten hätte; oder das von der Opposition favorisierte umgekehrte Modell, das mehr auf die abschreckende Wirkung von Kriminalisierung und ordnungsgemäßer Verurteilung setzt, das aber, weil erst später realisierbar, die Verjährung von Altfällen in Kauf nimmt. Nebenbei fällt so auch Material für die anstehenden Richtungswahlkämpfe ab. Einig sind sich die Zuständigen darin, dass auch bei den Reichen die neuen Steuersitten nicht ohne empfindliche Strafen durchzusetzen sind. Das muss man der Öffentlichkeit nicht zweimal sagen: Der höhere Steuergeldfluss und die Satisfaktion der Gerechten sind nicht wirklich fertig, wenn nicht nur der Uli, sondern sämtliche zu Unrecht hochangesehenen Herrschaften zur Rechenschaft gezogen worden sind.

3

Damit ist die Affäre in ihre dritte Dimension gehoben, die sich um das eigentümliche Bedürfnis dreht, von unten zu moralischen Vorbildern hinauf zu blicken. Wem kann man heute noch trauen?, fragen Plasberg, Jauch e.a. und machen sich daran, das Anliegen zu bedienen. Denn da sind sie sich sicher: Mit dem mutmaßlichen Steuerbetrug des Uli Hoeneß blamiert sich zwar einer dieser Überflieger bis auf die Knochen, aber keinesfalls das wüste Bedürfnis nach solchen Figuren. Die, die sich unten mit mäßigem Erfolg redlich bemühen, wünschen sich lebendige Gegenbeispiele für ihren Generalverdacht, dass die da oben den Erfolg doch nur mit unlauteren Mitteln zustande bringen. Lichtgestalten aus der höheren Etage sind gefragt, die die Vereinbarkeit von Moral und Erfolg im wahrsten Sinne des Wortes: verkörpern, dies also als ‚Mensch‘ glaubwürdig nach unten rüberbringen.

Nach allgemeinem Urteil war der Vereinspräsident und Aufsichtsratsvorsitzende Uli Hoeneß so etwas. Den hat es jetzt aus einer Ecke erwischt, für die er gar nicht als Vorbild gebucht war. Aber auf eine Persönlichkeit, die ganzheitlich für erfolgreichen Anstand steht, wirft eine private Steuersünde allemal ein schlechtes Licht. Ob die Affäre seine Vorbildrolle nun erledigt oder sein Erfolgsgen die Verfehlung heilt, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Das darf, wie es sich für eine Demokratie gehört, der Bürger selbst bestimmen; der darf darüber rechten und sich frei entscheiden, ob er den Kandidaten noch zu seinem Vorbild überhöhen oder nicht mehr anerkennen mag. Diese Erörterung findet als Geschmacksfrage statt. Die Kriterien, mit denen einem solchen Wesen wie U.H. der Ausnahmetitel moralische Institution zu- oder aberkannt wird, sind dagegen überschaubar, und sie sind auf beiden Seiten die gleichen: Gegen die private Steuersünde wissen seine Fans hochzuhalten, dass er so viel gespendet hat, was sich freilich auch unschwer als Bereinigung des Gewissens schlechtmachen lässt. Zur Reputation des Delinquenten bezeugen die einen seine soziale Ader: Er sei einer der wenigen, die wüssten, was das 80-Euro-Arena-Ticket für eine Putzfrau bedeutet. Die Kritiker können dagegen unschwer statt der sozialen Ader des volksverbundenen Mannes die Anmaßung eines Reichen entdecken, der sich als Wohltäter und Förderer aufspielt, in Wahrheit aber über die elementarsten Gemeinschaftspflichten hinwegsetzt. Dass der sportliche Erfolg des Vereins auch jetzt noch aus der überragenden Persönlichkeit des Vereins-Präsidenten abzuleiten ist, leuchtet vorwiegend den Bayern-Fans ein – die Rivalen aus Dortmund identifizieren in der Steuersache eher den eiskalten Geldgeier, der die Konkurrenz systematisch um die besten Spieler dezimiert. Gegen diese Entlarvung der Unfairness wissen die anderen einzuwenden, dass er sich ungeheure Sorgen macht um den großen Abstand von Bayern und Dortmund zum Rest der Liga – wegen Langeweile. Wird ihm vom eigenen Anhang Business-Class und Bonzen-Gehabe vorgehalten, kontern seine Verteidiger mit seiner legendären Wutrede, in der er seinen Vereinskameraden aus dem schlichten Milieu das Verhältnis von Fußball und Aktiengesellschaft buchstabierte: Mit ihren jämmerlichen Stehplatzkarten kann er keine Siegermannschaft finanzieren, die er natürlich nur ihretwegen zusammenkauft. Überhaupt reiße er sich ständig für das billige Vergnügen des gemeinen Volks den Arsch auf. Und ans große Geld denkt er nur, weil nur so der eigene Verein auf der sportlichen Bühne bestehen kann, was schließlich allen deutschen Vereinen, folglich dem Ansehen des deutschen Fußballs dient, und letztendlich Deutschland Respekt in der Welt verschafft. Wer mit der schönsten Nebensache der Welt der ganzen Nation Woche für Woche die Hauptsache stiftet, nämlich jenseits aller Unterschiede diese tolle ideelle Gemeinschaft, der kann kein schlechter Mensch sein... So geht es hin und her.

Dabei dreht sich alles nur um das Eine: Nichts anderes im Kopf zu haben, als Geschäft und Gemeinnutz, Erfolg und Anstand zu vereinen, oben und unten zusammenzubringen, und alle gesellschaftlichen Differenzen vergessen zu lassen. Die Personifizierung dieser Gleichung, das ist der Anspruch an den Charakter einer vorbildlichen Persönlichkeit. Dass die vermeintlich schönsten Vorbilder, die man sich aus dem Angebot der Elite ausgewählt hat, mit hoher Regelmäßigkeit wegen Verstößen gegen das hehre Bild, das man sich von ihnen macht und das sie selber pflegen, ausgewechselt werden müssen, macht offenbar nichts. Das Aufbauen einer solchen Persönlichkeit wie Uli Hoeneß scheint einen mindestens genauso großen Unterhaltungswert zu bieten, wie seine Demontage oder auch seine Ehrenrettung gegen dieselbe. Eine ertappte moralische Institution bedient das sittliche Empfinden des Volks genauso wie ein leuchtendes oder erbittert festgehaltenes Vorbild. Im einen Fall verschafft sich das Volksgemüt die Genugtuung, der ertappten moralischen Institution auf die Schliche gekommen zu sein: Man schaut denen da oben auf die Finger und hat mal wieder durchschaut, dass die auch nicht immer das sind, was sie zu sein vorgeben und was man ihnen bis eben glauben wollte. Im anderen Fall verschafft es sich die Genugtuung, dass die da oben auch ihre Fehler haben und gerade deswegen mit ihren verzeihlichen Schwächen immer noch unsere menschlichen Vorbilder sind.

Aus Sorge, angesichts der noch zu erwartenden Fälle könnte die öffentliche Debatte zu einer allgemeinen Reichenschelte entarten, sieht sich eine führende moralische Institution der Nation herausgefordert, auf Abbruch des Vergnügens zu plädieren: Wer sich die Gesellschaft so vorstellt, als stünden lauter moralische Normalverdiener lauter unmoralischen Reichen gegenüber, der irrt. (Gauck) Der Bundespräsidenten bringt es hin, in zwei Zeilen auf Einhaltung der Steuergesetze durch alle Bürger zu pochen, die kleinen Steuerbetrüger in der Welt der Werbungskosten um 1000 Euro an ihrer moralischen Selbstgerechtigkeit zu packen und ihre Häme gegen sie selbst zu wenden, die Klassenscheidung am Geld anzusprechen, zugleich vor einer Spaltung der Gesellschaft zu warnen und so alle an ihre moralische Gemeinsamkeit zu erinnern. Das zeigt, dass da der richtige Mann am richtigen Platz ist. Mag unsere Gesellschaft auch noch so sehr in Reiche und Normalos zerfallen, in Fragen des Anstands sind wir ein Volk.